Folia Theologica 17. (2006)
Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar
218 c. sorC sprechen, dass es „pro nobis" und „pro mundo" geschah, wenn wir zuerst seine trinitarische Reichweite anerkennen.56 Das Kreuzesereignis als Opfer Christi wird als Folge der inner- trinitarischen Selbstkonstituierung verstanden. Balthasar spricht mit Adrienne von Speyr von einem „Vor-Opfer" (vgl. TD IV, 467) des Sohnes (und damit der Trinität), welches das Kreuz in sich einschließt. „Opfer, Leiden, Kreuz und Tod sind christlich betrachtet nur die Wiederspiegelung von gewaltigen Wirklichkeiten im Vater, im Himmel, im ewigen Leben ... sie sind nichts anderes als Erscheinungsweisen dessen, was den Himmel ausmacht: die bis ins Letzte gehende Liebe Gottes."57 In Jesu Leiden und Sterben leidet und stirbt der menschgewordene Logos Gottes. Das alte Wort „unus ex sanctissima trinitate passus est" könnte ein Kernsatz der Kreuzestheologie und so der Passiologie von Balthasars sein. Balthasar weist Rahners Vorwurf des Neuchalkedonismus zurück, da die Formel „Einer aus der Trinität hat gelitten" als orthodox anerkannt ist (DS 401, 432) und sagt weiters: „Ich kann nicht einsehen, inwiefern das 'pro nobis' von Kreuz und Auferstehung Christi für uns fruchtbar sein könnte, falls dieser Gekreuzigte und Auferstandene nicht 'einer aus der Trinität' wäre."58 So zögert Balthasar nicht zu behaupten: „Der Tod, ja die Hölle werden damit im dreifältigen Gott selbst geortet. Dort werden sie getragen und verwandelt. Jesu Kreuzestod ist das Ereignis, in dem Gottes offenbarendes und erlösendes Handeln zu seinem inneren Ziel kommt."59 So pflichtet er Bulgakow bei, dass die letzte Voraussetzung der Kenőse Gottes die „Selbstlosigkeit der Personen" als die reinste Beziehung im innertrinitarischen Leben der Liebe ist; 56 Vgl. P. MARTINELLI, La morte di Christo come rivelazione deli'amore tri- nitario nella teológia di Hans Urs von Balthasar, Jaca Book, Milano 1995, 355-366; S. LÖSEL, Kreuzwege, 113-158. 57 R. SCHENK, Ist die Rede vom leidenden Gott theologisch zu vermeiden? Reflexionen über den Streit von K. Rahner und H.U. von Balthasar, in: Fr. HER- MANNI and P. KOSLOWSKI (Hg.), Der leidende Gott. Eine philosophische und theologische Kritik, Wilhelm Fink, München 2001, 236. 58 TD IV, 11; vgl. W. KASPER, Theologie und Kirche, Grünewald, Mainz 1987, 217-234, bes. 222; W. LÖSER, Trinitätstheologie heute, in: W. BREUNING (Hg.), Trinität, 26-28. 59 W. LÖSER, Kleine Hinführung zu Hans Urs von Balthasar, Herder, Freiburg i. B. 2005, 112.