Folia Theologica 17. (2006)

Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar

GOTT UND DAS LIED BEI H. U. VON BALTHASAR 217 „Gott hat die Welt so geliebt" (Jn 3,16) Die Passion Gottes rührt also nicht von der Mächtigkeit des Ge­schöpfes, ihn verletzen zu können, sondern von der Mächtigkeit seiner Liebe, die sich der menschlichen Freiheit gegenüber verohn- mächtigt. Damit wird deutlich, dass dem Leiden Gottes ein ak­tiv-freier Willensentschluß vorausgeht, dass er im eigentlichen Sinn von der Sünde nicht betroffen wird, sondern sich betreffen lässt. Balthasar prägt das Wort von der „über-aktiven Passivität" (TD III, 212)53 und hält im Rahmen der theologischen Passiologie fest: „Sein Leiden ist keine bloße Passion, sondern eine Super-Aktion" (TD 11,2,102f; vgl. Krenski, Passio caritatis, 231). Das Leiden der Liebe ist nicht nur ein passives Betroffensein, sondern ein aktives Sich-betreffen-Lassen. Die Liebe und Leiden gehören zusammen. Wenn Balthasar vom Leiden Gottes spricht, meint er nicht ein Lei­den im Sinn des griechischen 'pathos', sondern ein frei gewähltes 'Leiden der Liebe '. So antwortet Origenes, und mit ihm Balthasar, auf die Frage, welches Leiden Gott leide: „Passio caritatis" (Horn in Ez. 6,6 /GCS 33,384/). Die Passio caritatis ist kein Leiden, das sich dem Bösen hingeben würde, sondern nimmt dieses auf, begreift und umarmt es in seiner ganzen Tiefe und schöpft aus der Liebe die Kraft, dass sie es über­windet.54 „Die dreieinige Liebe hat die Möglichkeit, alles Dunkel, alle Entfremdung der Welt in ihre ewigen Relationen hineinzustel­len, daraus eine gleichsam nächtliche Beziehung zu machen ("War­um hast du mich verlassen?") und das Schuldmoment durch das überbietende Liebesmoment aufzulösen."55 Das Ereignis von Golgotha reicht in das Innerste Gottes und durchdringt somit das trinitarische Leben Gottes für immer. Das Kreuz Christi bleibt, jedoch nicht als Zeichen der Niederlage, son­dern als Beweis der Liebe Gottes und des Sieges und bleibt in der ewigen Trinität aktuell! Wie wir sahen, zeigt uns Balthasar vorallem die Ansätze für das Kreuz in der ewigen Kenőse. Über den Tod Christi am Kreuz können wir als jenes kenotisches Ereignis nur so 53 Vgl. BALTHASAR, Neue Klarstellungen, Johannes, Einsiedeln 1979, 67-70. 54 Vgl. W. KASPER, Der Gott Jesu Christi, 241-245. 55 Th. R. KRENSKI, Passio caritatis, 222.

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