Folia Theologica 17. (2006)

Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar

216 c. sorC er Mensch unter Menschen wird"" (TD IV, 104-105). Dabei deutet er das Leiden Christi weniger im Sinne einer solidarischen Koexistenz mit den Unterdrückten als vielmehr im Sinne einer stellvertretenden Proexistenz des Gekreuzigten zugunsten aller. Jesu Leiden „ist nicht nur das tiefstmögliche ..., sondern es kann auch das für alle Süh­nende sein, weil es die Macht hat, alle Sünde, aber auch alles Leid der Welt zu unterwandern und es in ein Werk höchster Liebe zu ver­wandeln. Höchster Liebe nicht nur des sich Hingebenden, sondern auch dessen, der ihn hingibt."49 Balthasar mahnt vor dem heutigen Modewort 'Solidarität': „Freilich geht es im Kreuz um die 'Solidarität' Jesu mit den Sün­dern; aber das ist doch wesentlich zu schwach, um die ganze Tiefe der auferlegten und angenommenen Identifizierung auszudrü­cken. Was die Wahrheit der Sünde ist (gerade wenn man diese als die Lüge bezeichnet), muss irgendwo realisiert werden mit der gan­zen unerbittlichen Härte, die dem Nein des Sünders zu Gott und dem Nein Gottes zu diesem Nein anhaftet. Und realisieren konnte das nur einer, der in sich selber so wahrhaftig ist, dass er die volle Negativität dieses Neins zu erkennen, zu erleben, zu ertragen, die­se Negativität in ihrer tödlichen Widersprüchlichkeit durchzulei­den und deren Starre in Schmerz aufzulösen vermag."50 Die Rede von einer trinitarischen Unterfassung entspricht je­denfalls nur dann dem systematischen Anliegen der Theodramatik, wenn sie nicht auf eine undramatische Aufhebung der menschli­chen Freiheitsgeschichte hinausläuft, sondern anzuzeigen ver­sucht, dass Gott das „ungeheuere Risiko" (TD 11,1, 304) der Schöp­fung nur im Blick auf die je größeren Möglichkeiten seiner Liebe ge­wagt hat und wagen konnte (vgl. TD IV, 465).51 So hat Christus in seiner Passion „jedes menschliche Leid überholt, und zwar stellver­tretend, so dass kein noch so abscheuliches und perverses mensch­liches Leid über das seine hinausreichen kann, sondern innerhalb des seinen einbehalten sein muß."52 49 BALTHASAR, Die Antwort des Glaubens, 91; vgl. TD II/2, 202-210; Coda, Evento pasquale, 105-107. 50 BALTHASAR, Kennt uns Jesus - kennen wir ihn?, 41-42. 51 Vgl. TÜCK, Das Äußerste, All. 52 BALTHASAR, Die Antwort des Glaubens, 92-93.

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