Folia Theologica 17. (2006)

Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar

214 c. sorC Mysterium paschale - heilsgeschichtliche Kenőse In dem für seine Christologie maßgeblichen Abschnitt „Mysteri­um paschale" entfaltet Urs von Balthasar den Gedanken, dass die „Kenosis" nicht auf Menschwerdung, Leiden und Tod Jesu Christi reduziert werden darf, sondern den Grundvollzug des Dreifältigen Göttlichen Lebens ausmacht.43 Die Menschwerdung des Sohnes ist nicht als ein Eintreten Gottes auf diese Seite gedacht, dass er die Reichweite Gottes bewahren würde, sondern dass er den Eintritt des Menschen in Gott ermöglichen würde. So ist Jesus Christus vollkom­mene „Offenheit", „Durchsichtigkeit" Gottes, der die Distanz zwi­schen Gott und dem Menschen in seiner eigenen Person über­brückt. Eine Passiologie, wie Balthasar sie entwickelt, versucht eine Reduktion des Leides auf der heilsökonomische Seite Gottes zu ver­meiden.44 Gott tritt ins Leid ein, nimmt es an und erlöst es. Richtig betont Tück, dass die Rede vom Leiden Gottes im Hori­zont von Balthasars Theodramatik auf der freien Selbstbestimmung seiner Liebe basiert. „Wenn Gott selbst sich von Ewigkeit her dazu bestimmt hat, sich von der Freiheit der Menschen bestimmen zu lassen, dann kann sein 'Leiden" weder tragisch auf ein unfreiwilli­ges Widerfahrnis von außen, noch auf einen inneren Widerstreit in Gott zurückgeführt werden."45 Die heilsgeschichtliche Kenőse ist die Offenbarung jenes durch die innergöttlichen Kenősen aufgerissenen Abgrundes in Gott selbst, in welchem daneben auch der sündige Widerwille gegen die Liebe zu einem Faktum zwischen Gott (dem Vater) und Gott (dem sohnhaften Logos) wird. So ist auch die Sünde der Menschen „un­43 Dabei bezieht er sich wesentlich auf Sergij Bulgakow (Mysterium salutis, Band III/2: Das Christusereignis, Einsiedeln 1969, S. 133). Vgl. auch A. HUNT, The Trinity and the Paschal Mystery. A Development in Recent Ca­tholic Theology, Collegewille, Minnesota 1997, bes. 57-89. „La cristologia balthasariana è fortemente obbedienziale“ (A. MODA, La gloria della croce, Messaggero, Padova 1998, 128. 44 Jan-Heiner TUCK, Das Äußerste. Zu Möglichkeiten und Grenzen trinitari- scher Kreuzestheologie, in: IKZ Communio 32 (2003), 469. 45 J.-H. TUCK, Mit dem Rücken zu den Opfern der Geschichte? Zur trinitari- schen Kreuzestheologie Hans Urs von Balthasars, in: Magnus STRIET (Hrsg.), Monotheismus Israels und christlicher Trinitätsglaube, (QD 210), Freiburg-Basel-Wien 2004, 224.

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