Folia Theologica 17. (2006)
Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar
GOTT UND DAS LIED BEI H. U. VON BALTHASAR 213 Balthasar betont: „Es geht um die alles entscheidende Wende in der Sicht Gottes, der nicht primär 'absolute Macht', sondern absolute 'Liebe' ist, dessen Souveränität sich nicht im Festhalten des Eigenen, sondern in seiner Preisgabe kundtut, so dass sich diese Souveränität jenseits dessen ausbreitet, was sich innerweltlich als Macht und Ohnmacht gegenübersteht. Gottes Entäußerung (in der Menschwerdung) hat ihre ontische Möglichkeit in Gottes ewiger Entäußertheit, seiner dreipersönlichen Hingabe."39 Heilsgeschichtliche pro nobis des Kreuzes enthüllt ein innergöttliches Für der Personen. „Genau in der Kenőse Christi (und nur darin) erscheint das innere Liebesgeheimnis des Gottes, der in sich selbst 'Liebe' (1 Jo 4,8) und deshalb 'dreieinig' ist."40 Balthasar betont, dass die Theologie der Preisgabe nur trinitarisch durchgehalten werden kann41 und endlich eine eucharistische Dimension hat. Eucharistie ist nämlich die bleibende Proexistenz Jesu und so auch Gottes.42 Diese vorsichtslose, innertrinitarische, wesentliche Liebe kann demnach als Fundament jener Verschenkung gelten, in der Gott sich frei und autonom der geschöpflichen Freiheit und damit der Möglichkeit der Zurückweisung seiner Liebe, aussetzt. So Balthasar: „Mit der Ur-Kenose sind die übrigen Kenősen in die Welt hinein grundsätzlich ermöglicht und bloße Folgerungen aus ihr" (TD III, 380). Und gerade dieser Widereinander von göttlich-absoluter und kreatürlich-endlicher Freiheiten ist „Zentrum der Theodramatik" (TL II, 81). Man darf von dieser Ur-Kenose aber nicht wie von einem unmittelbaren Grund dieses Leidens sprechen, so als ob Gott, weil er so Liebe ist, immer schon litte. So kann man zwar von einem durch die Freiheit Gottes vermittelten Zusammenhang von wesentlicher Liebe und freiem Leiden, nicht aber von einem Automatismus sprechen, der Gott in sich und für sich leiden ließe, weil er in sich und für sich, das heißt, ohne der Welt zu bedürfen, Liebe ist. 39 BALTHASAR, Theologie der drei Tage, 33. 40 BALTHASAR, Glaubhaft ist nur Liebe, Johannes, Einsiedeln 4975, 57; vgl. BALTHASAR, Die Antwort des Glaubens (Neuausgabe), Johannes, Freiburg 2005, 94. 41 Vgl. BALTHASAR, Theologie der drei Tage, 107. 42 Vgl. BALTHASAR, Theologie der drei Tage, 92-95.