Folia Theologica 17. (2006)

Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar

GOTT UND DAS LIED BEI H. U. VON BALTHASAR 211 mittlungsprozeß Gottes erscheint, noch, wie bei Jürgen Moltmann, als in den Weltprozess hineinverstrickt, dass sie vielmehr als jene ewige und absolute Selbsthingabe verstanden wird, die Gott schon in sich als die absolute Liebe erscheinen lässt, woraus sich erst die freie Selbsthingabe an die Welt als Liebe erklärt, ohne dass Gott zu seinem Selbstwerden (seiner 'Selbstvermittlung') des Weltprozes­ses und des Kreuzes bedürfte" (TD III, 300; vgl. TD III, 253-262). Balthasar geht es um eine immanent-theologische Grundlegung Gottes heilsökonomischen Wirkens in der Geschichte. In diesem Punkt schließt sich Balthasar Rahner und Moltmann nicht an, sondern nähert sich Bulgakow an, der in der Selbstaus­sprache des Vaters in der Zeugung des Sohnes eine erste, alles un­terfassende innergöttliche, innertrinitarische 'Kenőse' sieht, „da der Vater sich darin restlos seiner Gottheit enteignet und sie dem Sohn übereignet: er 'teilt' sie nicht 'mit' dem Sohn, sondern 'teilt' dem Sohn alles Seine 'mit'. Nur so kann der Sohn sagen: 'Alles Deinige ist mein' (Joh 17,10)".35 Balthasar geht weiter: „Die­ser göttliche Akt, der den Sohn hervorbringt, als die zweite Mög­lichkeit, an der identischen Gottheit teilzuhaben und sie zu sein, ist die Setzung eines absoluten, unendlichen Abstands, innerhalb des­sen alle möglichen andern Abstände, wie sie innerhalb der endli­chen Welt bis einschließlich zur Sünde hin auftreten können, einge­schlossen und umfangen sind" (TD III, 300-301). Die letzte Voraus­setzung der Kenőse ist die „Selbstlosigkeit" der Personen (als reiner Relationen) im innertrinitarischen Leben der Liebe. Balthasar sieht so in der Entäußerung des Sohnes eine ewige Entäußertheit der tri- nitarischen Personen sich widerspiegeln, eine innertrinitarische Ur-Kenose, die der heilsökonomischen Kenőse zugrunde liege. Die Kenőse - diesen „Mangel" - stellt Balthasar als eine „Tugend" Got­tes vor, als eine Eigenschaft Gottes.36 35 „Generare è per il Padre autoimmolazione, dono di sé al suo Altro” (S. N. BULGAKOW, L'Agnello di Dio, 154). Eine gute Analyse von Bulgakows ke- notischen Gestalt Gottes gibt P. CODA, L’Altro di Dio, Rivelazione e kenosi in Sergej Bulgakov, Roma 1998, 102-104; 138-142. 36 In Bezug auf die Kenőse ist Moltmanns Ansatz ähnlich. Vgl. J. MOLT­MANN, Trinität und Reich Gottes, 133-136; ders., Der gekreuzigte Gott, Chr. Kaiser, München 1972, 255 ff.; ders., Der Weg Jesu Christi, Chr. Kaiser, München 1989, 199 ff. Ladaria ist z.B. der Kenőse in Trinität nicht zugetan: „A mio avviso, è quindi meglio rinunciare a questa terminológia, anzitutto

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