Folia Theologica 17. (2006)

Ciril Sorč: Gott und das Leid bei Hans Urs von Balthasar

GOTT UND DAS LIED BEI H. U. VON BALTHASAR 205 und in sein Sein eingeschlossen werden.20 So ist die Kenőse ganz bestimmte und alles bestimmende Dimension der Perichorese. Es gibt keine Verschiedenheit im Himmel und auf Erden, die größer ist als die des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Zugleich aber gibt es keine größere Einheit als die der drei Göttli­chen Personen. Der Grund und die einigende Kraft, die in Gott die Einheit des Wesens und die Verschiedenheit der Personen bewirkt, ist die Liebe. Die Liebe setzt die Verschiedenheit der Personen vor­aus, aber Liebe schafft auch die tiefste Einheit der Personen. In Gott ist die größte Liebe, ja Gott ist die Liebe (vgl. 1 Joh 4,8); darum ist die Gleichzeitigkeit der scheinbaren Gegensätze von Einheit und Verschiedenheit in Gott dem Einen und dem Dreifältigen das tief­ste Geheimnis Gottes. So ist diese Liebe der drei Personen zueinan­der eine Beziehung, - oder wie die Theologen sagen - eine Pericho­rese, eine innige „Rhythmik der Liebe” und Wechselwirkung der drei Personen.21 Balthasar versteht so die Einheit Gottes perichoretisch.22 In den Hervorgängen und in der Perichorese hält sich das eine göttliche Sichgeben durch, das eine Liebe-Sein Gottes, in dem die Personen als Relationen kraft ihres Seins sind. Das Wesen ist darum kein „starrer Identitätsblock", sondern ein Übergang, „ein sich im Vater Mitteilendes, im Sohn Empfangenes, von Vater und Sohn gemein­sam dem Geist Geschenktes, von Sohn und Geist Verdanktes"23. Das Wesen Gottes wird durch die Personen nicht in drei Existenz­formen aufgeteilt oder aufgefächert, sondern es ist real dank der ei­genen relationalen Subsistenz der Personen, die es als das eine Gottsein mitteilen und voneinander allein relational unterschieden 20 Oliver Clément drückt diesen »Zusammenklang« beider Ausdrücke so aus: „La pericoresi, questo scambio d'essere mediante il quale ciascuna persona non esiste che per la sua relazione all'altra, potrebbe essere definita come una kenosi gioiosa. La kenosi dei Figlio nella storia prolunga la pericoresi trinita- ria e ci permette di participarvi“ (Zitat in: P. CODA, Evento Pasquale, Città nuova, Roma 1984, 168; vgl. C. SORC, Entwürfe einer perichoretischen Theologie, LIT Verlag, Münster 2004, 89 f.). 21 Vgl. E. DURAND, La perichorese des personnes divines, Cerf, Paris 2005, 76-79; G. GRESHAKE, Der dreieine Gott, 187. 22 BALTHASAR, TL II, 127; vgl. SS. 117-138. 23 BALTHASAR, TD IV: 66; ders., Spiritus Creator, 95: „... Gottes Wesen ist nicht außerhalb dieses Vorgangs von Hervorbringend und Hervorgebracht.“

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