Folia Theologica 16. (2005)

Imre Koncsik: Künstliche Intelligenz - was kann die Dogmatik zur Diskussion beitragen?

80 1. KONCSIK Macht der Liebe ist, wird eine backward-Relation des Men­schen zum Schöpfer ausgesagt. Der Mensch tritt in ein ihn in­trinsisch konstituierendes persönliches Verhältnis zu Gott, so dass von Menschsein nur gesprochen werden kann, insofern ein analoges Wissen und Wollen Gottes gegeben ist. Dieses Wissen und Wollen Gottes ist das Sein und Leben des Men­schen nach Art eines maximal innigen Verhältnisses - be­zeichnet wird das etwa mit der johanneischen Metapher vom Weinstock-Reben (Joh 14)7: der menschliche Geist existiert im Hinsein auf Gott, dem wiederum ein gewisser Efflux Gottes in den Menschen korrespondiert, was etwa als göttlicher „Geistbesitz" gedeutet wird. Die Analogie zwischen Gott und Mensch als Entsprechungsverhältnis impliziert eine Hauptei­genschaft des menschlichen Geistes: sein relatives, weil ideel­les „Alles-Sein". Der Geist kann der Möglichkeit nach alles wollen und alles erkennen; er ist relativ, potentiell und ideell unendlich8. Hinzu tritt die konsequente Durchexerzierung der analogen Grundstruktur im Menschsein: der Mensch ist holistisch als integre Einheit von Leib und Geistseele geschaf­fen. Der Geist kann demnach nicht ohne das Gehirn und um­gekehrt wirken resp. im Wirken gegeben sein - dogmatisch verbietet sich ein cartesischer Dualismus. Schließlich kann auf den zu Recht umstrittenen, weil nur eine Seite der Wir­kung Gottes akzentuierenden Kreationismus verwiesen wer­den9: Gott kreiert in einem separaten Seinsakt den menschlichen Geist, indem er der Möglichkeit seiner Entste­hung durch - ontologisch formuliert - „Überladung" der Werdepotenz eine angemessene Wirklichkeit „verleiht". So 7 Siehe dazu B1SER, E., Das Antlitz. Eine Christologie von innen, Düsseldorf 1999, bes. 32-45 8 So bereits das thomasische „quodammodo omnia" des menschlichen Geistes. Siehe dazu auch WELTE, B, Homoottsios hemin. Gedanken zum Verständnis lind zur theologischen Problematik der Kategorien von Chalkedon. in: GRILLMEIER, A. SJ; BACHT, H. SJ (Hgg.), Das Konzil von Chalkedon. Ge­schichte und Gegenwart. Band III: Chalkedon heute, Würzburg 1954. 5-80, 54 9 Interessant ist hierzu der Beitrag von BECK, II., Materialistische Dialektik und thomasischer Seinsakt. Dialektischer Materialismus und Evolutionismus als Problem im Horizont thomasischer Metaphysik, ln: Philosoph. Jahrb. der Görres-Gesellschajl 82 (1975) 54-71

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