Folia Theologica 16. (2005)

Philipp Ernst Gudenus: Klerikerzölibat im Wiederstreit

54 Ph. E. GUDENUS 1. Der Verzicht auf die Ausübung der eigenen Sexualität ist eine freie Entscheidung; 2. aus einem übernatürlichen Grund: Als Beitrag zur Errichtung des Reiches Gottes -schon auf Erden: Denn „das Reich Gottes ist mitten unter euch" (Lk 17, 21) und jeder, der um Jesu wil­len „Haus oder Frau, Brüder, Eltern oder Kinder verlassen hat, wird schon in dieser Zeit das Vielfache erhalten und in der kommenden Welt das ewige Leben" (Lk 18, 29-30). 3. Es geht nicht um die Vermeidung eines Übels, sondern um den Verzicht auf ein Gut (die Ehe), die Christus durch seine Anwesenheit in Kana geheiligt hat und die Paulus ein „tiefes Geheimnis" nennt (Eph 5, 32). Der Zölibat steht jedoch in der Rangordnung noch höher als die Ehe. 4. Der Verzicht gilt für das ganze Leben, wie die Metapher des Eunuchen drastisch klarstellt. b) Enthaltsamkeit in den Paulusbriefen Auch Paulus empfiehlt den Korinthern den Verzicht auf die Se­xualität „Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren" (1 Kor 7, 1). „Ich wünschte, alle Menschen wären (unverheiratet) wie ich. Doch jeder hat seine Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so." (1 Kor 7,7) Wir können seine Lehre dazu so zusammenfassen, daß er die Enthaltsamkeit empfiehlt, ohne damit die Ehe herabwür­digen zu wollen. Denn die natürliche Neigung des Menschen zur Ehe ist ohnehin so stark, daß diese normalerweise keine besondere „Werbung" benötigt. c) Sexualitätsverzicht - in der Urkirche verbreitet Das Neue Testament zeigt uns, daß der Verzicht auf Sexualität in der Urkirche unter Christen jeglichen Standes von Anfang an verbreitet war: Unter Aposteln wie unter Laien, unter Frauen und Männern, unter Jungen und Älteren, -wie die Witwen, die minde­stens sechzig Jahre alt sein sollen (2 Tim 5,9); unter Jungfrauen und verheiratet Gewesenen. Zur Klarstellung: Wir verwenden hier den Ausdruck „Zölibat" für jegliche Art der bewußten sexuellen Enthaltsamkeit: Also so­

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