Folia Theologica 16. (2005)

Philipp Ernst Gudenus: Klerikerzölibat im Wiederstreit

FOLIA THEOLOGICA 16 (2005) 53 Philipp Ernst GUDENUS KLERIKERZÖLIBAT IM WIDERSTREIT Immer wieder gerät der Priester-Zölibat ins Kreuzfeuer der Kri­tik. Es wird in Frage gestellt, ob der Zölibat heute noch gelebt wer­den kann. Es werden aber auch theoretische Zweifel angemeldet: ob er tatsächlich die Praxis der alten Kirche darstelle. Es wird be­hauptet, er sei erst im vierten Jahrhundert eingeführt worden, oder gar erst auf dem zweiten Laterankonzil 1139 - wo das Ehehindernis des Sakramentes der Weihe beschlossen wurde -. Menschen, die freiwillig und bewußt auf die Ausübung ihrer Sexualität verzichten wollen, erscheinen als ungewöhnlich. Aber nicht nur heute: minde­stens eben so ungewöhnlich war es vor zweitausend Jahren, als der Herr dieses Thema ansprach. 1. Sexuelle Enthaltsamkeit existiert seit dem Anfang des Christentums a) Zölibat im Evangelium Matthäus schildert uns, wie die Pharisäer Jesus zur Eheschei­dung befragen. (Mt 19, 3) Nachdem der Herr die ursprüngliche Un­auflöslichkeit der Ehe in Erinnerung gerufen hat, scheinen die Jün­ger den Mut zu verlieren: „Wenn das die Stellung des Mannes in der Ehe ist, dann ist es nicht gut zu heiraten" (Mt 19,10). Jesus erwi­dert: „Nicht alle können dieses Wort erfassen, sondern nur die, de­nen es gegeben ist. Denn es ist so: Manche sind von Geburt an zur Ehe unfähig, manche sind von den Menschen dazu gemacht, und manche haben sich selbst dazu gemacht - um des Himmelreiches willen. Wer das erfassen kann, der erfasse es." (19, 12) Die Worte unseres Herrn sind eindeutig (und das „zur Ehe unfä­hig gemacht" der deutschen Einheitsübersetzung klingt in der überlieferten griechischen Fassung noch um einiges härter: „oï-uveç eivoúxTiiaav eawoùç", „die sich selbst zu Eunuchen machten"). Daraus kann man vier Dinge herauslesen:

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