Folia Theologica 16. (2005)
Bronisław Wenanty Zubert: Die Bedeutung der Klausel "Si puella apparet cognita" in der Kanonistik des ausgehenden Mittelalters
238 B. W. ZUBERT Vertreter, die einen nicht zu übersehenden Beitrag zur Interpretation der Klausel »Si puella apparet cognita« geleistet haben. Die von den Dekretalisten des 13. Jahrhunderts eingeleitete Diskussion, die diese Klausel zum Objekt hatte, dauerte immer noch an. Die theoretische Grundlage der dort präsentierten Meinungen bildeten zwei wesentliche Annahmen: 1) durch die Aufnahme der geschlechtlichen Beziehungen manifestierten die beiden Parteien auf eine zureichende Art und Weise ihren Willen, die Ehe einzugehen; 2) der Beischlaf wurde auch als Beweis dafür anzusehen, dass die Nupturienten eine physische und psychische Reife erreicht haben, die als eine notwendige Bedingung des Erwerbs der Ehefähigkeit angesehen wurde, davon unbeschadet blieb der relative Charakter des Altershindernisses beibehalten23. Das Einhergehen dieser beiden Bedingungen entschied ausschließlich über die Transformation der Verlobung in die Ehe. Da es nicht möglich ist, in dem vorliegenden Abriss die Meinungen aller in Frage kommenden Kanonisten dieser Zeit zu präsentieren, beschränke ich mich auf die hervorragendsten. 1. Die Klausel nisi puella apparet cognita bezog sich im Prinzip auf die Beziehung zwischen Minderjährigen bzw. Personen ungleichen Alters. In diesen Fällen durften die Parteien die Ehe eingehen, wenn sie sich der vorgeschriebenen Altersgrenze näherten und fähig waren, den Beischlaf auszuführen (potentia coeundi)2*. Allerdings scheint es, dass die Kanonistik dieser Zeit - im Gegensatz zu der vorangegangenen Periode - stärker die Notwendigkeit akzentuiert, den Ehekonsens zu erneuern, nachdem die Nupturienten ihre Eherechtsfähigkeit erlangt haben. Dadurch wurde die Bedeutung des Beischlafs nicht gemindert. Baldus de Ubaldis (vel: de Pe- rusio +1400) behauptet, dass der Beischlaf allein ohne den erneut geäußerten Konsens weder eine Ehe ausmache, noch eine Quelle der unwiderlegbaren Präsumtion (praesumptio iuris et de iure) ihres Bestehens sei.25 Im Falle einer Ehe inter inaequales bzw. einer Ehe 23 Vgl. B. W. ZUBERT, Malzenska przeszkoda wiekti w prawodawstwie Kosciola Zachodniego do Soboru Trydenckiego. Studium histo- ryczno-prawne, Lublin 1967. S. 403-404. 24 Ebd., S. 418. 25 Baldus de Ubaldis, Consilia, Venetiis (o. .1.), P. Ill, cons. 200: „[...] ex carnali copula [...] sine novo utriusque consensus non contrahitur matrimonium nec