Folia Theologica 16. (2005)
Otto Schwankl: Monotheismus im Neuen Testament
MONOTHEISMUS IM NEUEN TESTAMENT 169 logisches Bekenntnis, sondern führt beides in eins zusammen: „Christologie als Theologie"46 und „Theologie als Christologie"47. Jesus steht in einer so einzigartigen Relation zu Gott, daß er mit ihm als dem Vater „eines Wesens" ist; und der himmelhoch über dem Menschen stehende Gott, den niemand je gesehen hat (Joh 1,18), tritt in dieser Wesenseinheit mit dem Sohn aus seiner Verborgenheit und ist bei den Menschen „anwesend". Wie diese Einheit Jesu mit dem Vater zu verstehen ist und was aus ihr folgt, erhellt sich nur im Kontext des ganzen Evangeliums. Auf jeden Fall bedeutet sie nicht, daß Jesus mit Gott „identisch" ist und der Unterschied zwischen beiden verschwindet; das ist schon durch den Plural des Verbums „wir sind", ausgeschlossen. Ebenso ausgeschlossen ist aber durch die Einheit eine Art Verdoppelung Gottes. Jesus ist nicht ein anderer, zweiter Gott, der neben den einen tritt. Vielmehr ist er der eine Gott, der sich durch ihn und mit ihm und in ihm auf einzigartige Weise offenbart: der im Wort Jesu hörbar, in seiner menschlichen Gestalt sichtbar, in seinem Wirken erlebbar wird. Christus ist der sich den Menschen erschließende, mitteilende, zuwendende, der zur Welt kommende, die Menschen liebende, heimsuchende und heimholende Gott. Die Einheit von Vater und Sohn ist „eine Einheit der Liebe"48, die seit dem Uranfang vor der Schöpfung besteht (vgl. Joh 17,23.24.26; 3,25; 10,17; 14,31; 15,9), die vom Vater aus (17,23) über den Sohn (vgl. 15,9; 13,1 u.a.) die Menschen und die Welt (vgl. 3,16) erreicht und die gegenseitige Liebe der Jünger zugleich ermöglicht, trägt und als Erwiderung fordert (vgl. Joh 13,34; 15,12.17; 1 Joh 2,10 u.ö.)49. 46 Vgl. L. SCHENKE. Christologie als Theologie (s. Anm. 38). 47 Diese Formulierung bei B. HINRICHS, „Ich bin". Die Konsistenz des Johannes-Evangeliums in der Konzentration auf das Wort Jesu (SBS 133). Stuttgart 1988. 40. 48 TH. SÖD1NG. „Wer sich zu mir bekennt ... “ (I.k 12.8). Der Anspruch Jesu und die Universalität des Evangeliums, in: DERS.. (Hrsg.), Ist der Glaube Feind der Freiheit? Die neue Debatte um den Monotheismus (QD 196), Freiburg i. Br. 2003, 53-122. 78. Vgl. DERS., „Gott ist Liebe". 1 Joh 4.8.16 als Spitzensatz biblischer Theologie, in: Der lebendige Gott. Beiträge zur Theologie des Neuen Testaments (FS W. Thüsing) (NTA NF 31), Münster 1996, 306-357. 49 Vgl. dazu O. SCHWANKL, Die johanneische Gemeinde in der Welt von damals. Zu einem problematischen und exemplarischen Verhältnis, in: Pneuma