Folia Theologica 16. (2005)
Otto Schwankl: Monotheismus im Neuen Testament
MONOTHEISMUS IM NEUEN TESTAMENT 167 neische Jesusreflexion und -meditation gleicht einer Induktionsspule, die den von Jesus ausgelösten christologischen Impuls weiterleitet und gleichzeitig verstärkt. Dabei gewinnt die johanneische Christologie, und mit ihr die Theo-logie, im Vergleich zu den Synoptikern „spürbar neue Akzente"40, die wir hier nicht einzeln besprechen, sondern nur in ihrer Grundtendenz kennzeichnen können, nämlich als energische Konzentration auf die Christologie, „ln einer unvergleichlichen Radikalität konzentriert sich ... alles auf Jesus"41. Stärker als bei den Syiaoptikern, wo das grundsätzlich ebenfalls geschieht, überlagern sich dabei im Jesusbild vorösterliche und nachösterliche Züge. „Der geschichtliche Jesus ist ... ganz in die gläubige Schau nach Ostern aufgenommen"42; er gewinnt dadurch eine hoheitsvolle souveräne Überlegenheit, die alles andere in den Schatten stellt. Während bei den Synoptikern, besonders in der markinischen Konzeption des sogenannten „Messiasgeheimnisses", das einzigartige „Wesen" der Person Jesu weitgehend verhüllt bleibt und mehr geahnt als aufgedeckt wird, lüftet der johanneische Christus den Schleier des Geheimnisses durch eine weitreichende Selbst-Enthüllung, die in seine Botschaft eingeht und eine inhaltliche Verschiebung zur Folge hat. b) Christologische „Selbstverkündigung" Jesu Das Zentralthema der Verkündigung Jesu nach den Synoptikern, die Gottesherrschaft, rückt bei Johannes an den Rand. Statt dessen spricht Jesus hier weitaus mehr von sich selber. Wieder ist die Wortstatistik bezeichnend: Die Wendung „Gottesreich" (bzw. „Himmelreich") steht bei den Synoptikern 71mal, bei Johannes nur zweimal (3,3.5). Das Wort ßaaiAxia (Königtum/Reich) allein, bei den Synoptikern noch weitere 50mal belegt, kommt bei Johannes noch dreimal vor, und zwar bezeichnenderweise immer bezogen auf Jesus, der vor Pilatus von „seinem" Königtum spricht (18,36). 40 Vgl. R. SCHNACKENBURG, Synoptische und johanneische Christologie. Ein Vergleich, in: The Four Gospels 1992 (FS F. Neirvnck), Leuven 1992. 1723-1750; Zitat 1726. 41 E. SCHWEIZER, Jesus Christus im vielfältigen Zeugnis des Neuen Testaments (GTB 126), München/Hamburg 21970, 154. 42 R. SCHNACKENBURG, Die Person Jesu Christi im Spiegel der vier Evangelien (HThK.S IV), Freiburg i. Br. 1993, 245.