Folia Theologica 16. (2005)
Géza Kuminetz: Die kanonische Form im lateinischen und orientalischen Kodex
120 G. KUMINETZ Prinzip der Zugehörigkeit zum Ritus anwendet, kann man nur darauf schließen, in welchem Ritus der Assistierende(der Sakramentsspender) das Ehesakrament spenden lassen soll, und nicht darauf, welche Gesetze zur Festlegung der Gültigkeit solcher Eheschließungen hinsichtlich der Form anzuwenden sind. Was aber das Prinzip der strengeren Vorschrift anbelangt, so berufen sich die Verfasser darauf, dass die beiden Kodizes autonom sind und dass die Vorschriften des einen Ritus nicht über denen des anderen stehen, dass jedoch die orientalische Tradition berücksichtigt werden soll. Deswegen sollen alle Vorschriften in bezug auf die Form eingehalten werden. Selbst Bernd Eicholt hält diese letztere Interpretation für richtig. Was die Diakone anbelangt, anerkennt Nr. 29 von Lumen Gentium ausdrücklich die ontologisch begründete Befugnis der Diakone, den Ehesegen zu spenden. Der lateinische Kodex anerkennt diese Befugnis ebenfalls als kirchenrechtliche Befugnis. Der orientalische Kodex dagegen erkennt diese Befugnis nicht an und beruft sich dabei auf die orientalische Tradition. Nach Urbano Navarrete hinwiederum gibt es kein Argument, das der Delegierung eines lateinischen Diakons durch einen lateinischen Ordinarius widersprechen würde, wenn das Kirchenrecht die Christen der orientalischen Kirche einem lateinischen Ordinarius anvertraut , auch deswegen nicht, weil ein solches Verbot in den Gesetzbüchern nicht vorkommt.16 Die lateinischen Diakone haben weiterhin die ontologische Befugnis, die Ehe zu segnen. Ein weiterer Grund, warum Christen der orientalischen Kirche einem lateinischen Ordinarius anvertraut werden besteht daran, wenn es keinen Amtsträger der orientalischen Hierarchie auf dem gegebenen Gebiet gibt, sich also die Christen der orientalischen Kirche in einem Ausnahmezustand hinsichtlich der Ausübung ihres eigenen Rechtes auf ihren Ritus befinden. Wenn in diesem Falle ein berechtigter Zweifel bezüglich der Jurisdiktion des Diakons besteht, dann tritt die Anwendung des Prinzips „supplet Ecclesia" in Kraft, die Ehe wird gültig sein. Hinsichtlich der Delegierung von Laien muss folgendes berücksichtigt werden: im lateinischen Kodex ist sie dann erlaubt, wenn * 505 16 NAVARRETE, U., Questioni sulla forma canonica, in Perodica 85 (1996) 505.