Folia Theologica 16. (2005)

Géza Kuminetz: Die kanonische Form im lateinischen und orientalischen Kodex

118 G. KUMINETZ gen unterschiedlich. Es gibt drei interpretationsversuche:14 1) Vic­tor Pospishil meint, es solle das Prinzip des „locus regit actum" an­gewendet werden. Das bedeutet, die am Ort der Eheschließung gel­tende kirchliche Gesetzgebung ist verbindlich. Im Falle einer latei­nischen Pfarrei ist das lateinische Kirchenrecht, im Falle einer orientalischen Pfarrei ist das orientalische Kirchenrecht verbind­lich. Dementsprechend ist die Eheschließung in jenem Falle gültig, wenn sie vor einem Diakon oder vielleicht vor einem Christgläubi­gen (Laien) vollzogen wird, wenn sie in einer lateinischen Pfarrei geschlossen wird. 2) Bruno Primetshofer ( nahm früher an ) meint, dass die Rituszugehörigkeit des Assistierenden bestimmend ist. Wenn der Assistierende zur lateinischen Kirche gehört, dann soll die Ehe nach den Vorschriften des katholischen Kirchenrechts, wenn er zur Orientalischen Kirche gehört, dann soll die Ehe nach den Vorschriften des orientalischen Kirchenrechts geschlossen wer­den. 3) Nach der Meinung von C. G. Fürst15 soll das Prinzip der strengeren Vorschriften, d.h. der des orientalischen Kirchen­rechts, angewendet werden. Unter keinen Umständen sei die vor einem lateinischen Diakon geschlossene Ehe gültig. Zur Illustra­tion dieser Erklärungen hat Bernd Eicholt konkrete Fallbeispiele gebracht: 1) Ein lateinischer Diakon, den der zuständige Pfarrer der Katholischen Kirche delegiert hat, assistiert bei einer interri­tualen Eheschließung. Nach den Prinzipien des vorher erwähnten „locus regit actum" und der Zugehörigkeit zum Ritus , wäre die Ehe gültig , wenn die härtere Vorschrift angewendet wird, ist sie ungültig. 2) Im Zuständigkeitsbereich eines katholischen Personal­pfarrers (z.B. eines Militärseelsorgers) befindet sich ein römischer Katholik der mit einer orientalisch-katholischen Frau verlobt ist, aber ihr Wohnort liegt in einem Gebiet, wo es weder lateinische noch orientalische Amtsträger gibt. Der Personalpfarrer beauftragt einen lateinischen Diakon mit dem Vollzug des Eheritus. Das Er­gebnis ist das gleiche wie in Fall 1. 3) Der Fall ist ähnlich gelagert wie der vorherige, aber in dem gegebenen Territorium gibt es 14 EICHOLT, B., Formvorschriften hei einer ritusverschiedenen Eheschließung, in De Processibus matrimonialibus 7 (2000) 179-180 15 FÜRST, C.G., Interdipendenza dei diritto canonico latino ed orientale, in BHARANIKULANGARA, K., (a cura di), II diritto canonico orientale nell' ordinamento ecclesiale (Studi giuridici XXXIV.). Città del Vaticano 1995. 33.

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