Folia Theologica 16. (2005)

Imre Koncsik: Künstliche Intelligenz - was kann die Dogmatik zur Diskussion beitragen?

102 I. KONCSIK wärts-adaptation einmündet - dogmatisch kann hier durchaus an die Konsequenzen des sog. Sündenfalls der Schöpfung als faktische Orientierung auf den Tod bzw. das Nichtsein erinnert werden. Je­denfalls spielt die Alterung auch als Reifung keine akzidentelle, sondern eine substantielle Rolle auch bezogen auf die isolierte Sicht neuronaler Architektur. Die zweite Differenz betrifft die analoge Einheit des Gehirns mit seinem Rückenmark und dadurch vermit­telt mit dem gesamten Organismus. Diese biologische Einheit be­dingt eine mutuale Relation, also eine originäre Wechselwirkung, so dass auch der Körper die Ausdifferenzierung des Gehirns mitbe­dingt. Schließlich repräsentiert und signiert das Gehirn als Archi­tekt die Komponenten des Körpers, kraft derer es in die Umwelt auszugreifen vermag. Ob diese Interaktion künstlich abbildbar ist, sei dahingestellt. Sie ist jedoch der Grund, warum etwa die schlich­te Transplantation des Gehirns in eine neue biologische (etwa ein geklonter Körper) oder künstliche (als ein kybernetischer Organis­mus) Umgebung nicht für den Transfer der personalen und mental gespeicherten Individualität ausreicht. - Trotz dieser Differenzen besteht eine hinreichende und starke Analogie zwischen Gehirn und Hardware. Geist und Software Entspricht denn der hominide Geist der Software? - Eine augen­fällige und entscheidende Gemeinsamkeit besteht in ihrer geistigen Wirkweise: Software urtd Geist sind informierend und wirkende Formen, d. h. nicht materiell oder empirisch subsistent, sondern sich immer wieder neu materialisierend und auswirkend. Daher „läuft" auch ein Programm, was einen dynamischen Vorgang in mentaler Analogie andeutet. Ebenso „geschieht" der Geist, was sei­ne Prozessualität und Werdehaftigkeit zum Ausdruck bringt. Die Software scheint geistig zu sein: auch sie ist mehr als die Summe ih­rer rezitierbaren Einzelbefehle und Anweisungen, beinahe wie eine Melodie mehr ist als der Tonträger, etwa eine CD64. 64 Siehe dazu PENROSE, R., Computerdenken. Die Debatte um Künstliche In­telligenz, Bewußtsein und die Gesetze der Physik. Heidelberg 1991. 397-403; POLKINGHORNE, J., An Gott glauben im Zeitalter der Naturwissenschaf­ten. Die Theologie eines Physikers, Gütersloh 2000, 32-53

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