Folia Theologica 15. (2004)
Géza Kuminetz: Die Garantien der freien Handlung im kanonischen Recht mit besonderer Rücksicht auf das Recht zur freien Wahl des ehelichen Lebensstandes
68 G. KUMINETZ zeigt sich in der heldenhaften und heiligmässigen Einhaltung der Gesetze Gottes und in dem freien Gehorsam ihnen gegenüber. Die Gesetze Gottes und der Kirche sind in erster Linie keine Einschränkungen unserer Freiheit, sondern im Gegenteil: sie sind die Grundlage, die Beschützer und die Förderer unserer geschöpflichen Freiheit. Die Disziplin der Kirche ist nicht ein Dschungel von Geboten, die sozusagen mechanisch erfüllt werden müssen, sondern ein Normensystem von Möglichkeiten verantwortungsvoller und freier Entscheidungen, das den Aufbau der Kirche und die Erhaltung bzw. die Weitergabe des Glaubens wirksam ermöglicht und die Mitglieder der Kirche mit engeren und authentischen Bindungen sowohl mit dem unsichtbaren, als auch mit dem sichtbaren Kopf der Kirche (d. h. mit Christus und mit dem Papst bzw. den Bischöfen) verbindet. Nachdem wir die Vorschriften dieses Normensystems bezüglich der Garantien der freien Handlung kurz überblickt und die eherechtlichen Anwendungen dieser Garantien untersucht haben, müssen wir feststellen, dass der kirchliche Gesetzgeber die Freiheit der Eheschließung mit den Mitteln des Rechtes hinreichenderweise schützt und damit auch die Möglichkeit der gewissenhaften Wahl des ehelichen Lebensstandes verbürgt. Wir stellen des Weiteren auch fest, dass der Gesetzgeber im Zuge der Ausarbeitung des neuen Gesetzbuches nicht nur der vom äußeren, sondern auch der vom inneren Zwang freien Einwilligung besondere Aufmerksamkeit geschenkt hat. Dies ist verständlich, da die uns umgebende Welt die geistige Gesundheit der folgenden Generationen immer weniger schaffen und erhalten kann. Diese zunehmende Schutzlosigkeit betrifft die zwischenmenschlichen Beziehungen, und insbesondere die Ehen. Die Erhaltung der Disziplin der Kirche ist auf jeden Fall erforderlich, damit die grundlegenden Rechte der Gläubigen entsprechend geschützt werden. Aber zur heilsamen Tätigkeit und Betätigung dieses Rechtssystems ist eine persönliche Bekehrung unerlässlich - und die wird, als Kurskorrektur, immer wieder neu notwendig sein. Dazu gehört auch die Bereitschaft, täglich darum zu ringen, unseren Charakter moralisch zu bessern.