Folia Theologica 15. (2004)
Géza Kuminetz: Die Garantien der freien Handlung im kanonischen Recht mit besonderer Rücksicht auf das Recht zur freien Wahl des ehelichen Lebensstandes
FOLIA THEOLOGICA 15 (2004) 57 Géza Kuminetz DIE GARANTIEN DER FREIEN HANDLUNG IM KANONISCHEN RECHT MIT BESONDERER RÜCKSICHT AUF DAS RECHT ZUR FREIEN WAHL DES EHELICHEN LEBENSSTANDES* 1. Einleitung In der vorliegenden Abhandlung möchten wir nicht auf Detailfragen des Kirchenrechts eingehen. Wir möchten die Freiheit der Eheschließung aus der Sicht der moralischen Ordnung betrachten. Wir werden dabei die Garantien aufzeigen, die die Rechtsordnung der mit gutem Gewissen getroffenen freien Entscheidung gibt, d. h. der vom äußeren und inneren Zwang freien Einwilligung zur Ehe. Nicht nur die moralische Ordnung ist ein Normensystem, sondern auch die Rechtsordnung, die die menschlichen, d. h. bewussten, absichtlichen, also freien Handlungen regelt. Als verbindliche Normensysteme dienen beide dem Heil der Seelen. In Beziehung auf beide Normensysteme besteht eine Gewissenspflicht. Die moralische Ordnung regelt das Verhältnis zwischen der Person und Gott und dem Gewissen, während die Rechtsordnung die Möglichkeiten beschreibt, die sich aus Rechtshandlungen von Personen ergeben. Die primäre Aufgabe der kanonischen Rechtsordnung besteht darin, die grundlegenden Strukturen, die Grundprinzipien des Wirkens der Kirche entsprechend ihrer Natur auszudrücken und zu beschützen, den Personen ihr Recht zu verbürgen und sie für ihre Pflichten zur Rechenschaft zu ziehen, schließlich die Rahmen des der Wahrheit entsprechenden und gerechten Privat- und Gesellschaftslebens zu bestimmen. Die Rechtsordnung erfüllt also in bezug auf die Mitglieder des Volkes Gottes die Aufgabe, diesen einerseits bei der Gestaltung ih* This publication is supported by the MTA (Hungarian Academy of Sciences) in connection with work caried out by the MTA and the research group of the Pázmány Péter Catholic University Liturgical Studies Department.