Folia Theologica 15. (2004)
László Holló: Der Beitrag der Kirche zum Zusammenleben der Volksgruppen
42 L. HOLLÓ terkulturelle Verständigung zwischen den Volksgruppen angeregt und gefördert wird, weil das eine „Volk Gottes" die Gläubigen in all ihrer Vielfalt umfasst und zusammenführt.16 Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die maßgeblichen Grundsätze, die in rechtlicher Hinsicht die Grundlage für die Koexistenz zwischen der Mehrheit und den verschiedenen ethnischen Minderheiten bilden, im Volksgruppenrecht enthalten sind.17 Trotzdem stellen die Minderheitenrechte in ihrer heutigen Gestalt kein universales Symbol dar, das so mächtig wäre, dass es das Verständnis und die Zustimmung aller Völker zu wecken vermöchte. Die Menschen müssen zuerst verstehen, dass die Minderheitenrechte nicht nur Rechte sondern auch Pflichten sind, und dass diese beiden Aspekte interdependent sind. Wo das Leben ganzer Volksgruppen durch das Mehrheitsvolk bedroht ist, ist der Kampf für die Minderheitenrechte, der Kampf für das Grundrecht der Völker auf Leben. Die Kirche muss sich in solchen Fällen zum Sprecher der Unterdrückten machen, auch auf das Risiko hin, verfolgt zu werden. Wo sie das tut, kann sie aber nicht zur Gewalt aufrufen, da das Ziel bleiben sollte, den Nächsten zu lieben wie sich selbst, das heißt ihm eine Chance zu lassen. Im Sinne der Evangelien ist der Nächste jeder Mensch, unabhängig von der Volksangehörigkeit. Unsere Einstellung zu jedem Individuum soll danach eine der Liebe und des Altruismus sein. Nach einer bestimmten Deutung dieser Einstellung setzt sie den unbedingten Verzicht auf die Anwendung von Gewalt voraus, auch in der Situation der Bedrohung der wichtigsten individuellen oder Gruppeninteressen. Das bringt manche christliche Gemeinschaften direkt zu einer Ethik der Gewaltlosigkeit. 16 Vgl. Lumen gentium 13. 17 Vgl. dazu: Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 1948; Konvention gegen Diskriminierung im Unterrichtswesen vom 15. 12. 1960 der UNESCO; Die Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen; Internationaler Pakt vom 19. 12. 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte; Internationaler Pakt vom 19. 12. 1966 über bürgerliche und politische Rechte; Die internationale Konvention über die Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom 7. 3. 1966; Europäische Charta für Regional- und Minderheitensprachen vom 5. November 1992.