Folia Theologica 14. (2003)
Mihály Kránitz: Die Annäherung der Religionen aus Christlicher Sicht und der Pluralismus der Religionen
60 M. KRÁNITZ ren hat er sehr viel darüber geschrieben.2 Daniélou betrachtet die religiösen Traditionen der Welt von dem in Jesus Christus im Interesse der Menschheit ausgeführten Plan Gottes her. In diesem Zusammenhang ergibt sich die Frage, was das Christentum den Religionen zu sagen hat, denen es in der Vergangenheit begegnete und mit denen es in der modernen Zeit in Verbindung steht. Die Hauptrichtung seiner Denkweise ist die Geschichtsheologie, die Gottes stufenweise ußerung der Menschheit gegenüber ist. Trotzdem beschränkt sich die Geschichtstheologie für Danielou lediglich auf die jüdisch-christliche Tradition. Diese beginnt mit der persönlichen Offenbarung Gottes, zuerst an Israel, durch die Vermittlung von Abraham und Mose, dann setzt sie sich in der Geschichte des erwählten Volkes fort, am Ende erreicht sie ihren Gipfelpunkt in Jesus Christus, der seine heilbringende Botschaft der Kirche anvertraut hat. Alles, was sich in der Geschichte vor der persönlichen Offenbarung Gottes ereignet hatte, kann als „prähistorisch" bezeichnet werden, obwohl es für die Menschheit im göttlichen Plan schon da war. Dasselbe kann auf die anderen religiösen Erfahrungen angewendet werden, denen man außerhalb der jüdisch-christlichen Tradition in den Religionen der Welt begegnet. Welchen Wert genau besitzen aber die Religionen der Welt in diesem Fall? In welchem Sinne bedeuten sie eine „Vorbereitung auf das Evangelium?" Daniélou unterscheidet zwischen Natürlichem und Übernatürlichem und zwischen Religion und Offenbarung. Die nichtchristlichen Religionen gehören in die Ordnung des natürlichen Verstandes, die jüdisch-christliche Offenbarung in die des übernatürlichen Glaubens. In den Religionen der Welt vermischen sich auf Grund unserer heutigen Kenntnisse Wahrheit und Lüge, Licht und Finsternis, richtige und unrichtige Handlungen. Die drei monotheistischen Religionen - Judentum, Christentum, Islam - ausgenommen sind die anderen Religionen in der Ordnung der Natur von Gott ermöglichte menschliche Ausarbeitungen. Sie sind als solche unfähig, einen zum heilbringenden Glauben hinzuführen, der allein Gottes entgeltloses Geschenk im Leben der menschlichen Wesen ist. Die 2 DANIÉLOU, J., Le Mystère du salut des Nations., Seuil, Paris 1946; Le Mystère de I''Avent, Seuil, Paris 1948; Essai sur le mystère de l’histoire, Seuil, Paris 1953; Les saints „païens" de VAncient Testament, Seuil, Paris 1956; La foi de toujours et l’homme d'aujourd hui, Beauchesne, Paris, 1969.