Folia Theologica 14. (2003)

Pál Bolberitz: Providenz als Mitleid Gottes

PROVIDENZ ALS MITLEID GOTTES 11 irgendwelche phänomenologische oder descriptive Feststellung. Die christliche Philosophie weist richtig auf die Gottebenbildlich­keit des Menschen hin, die der Heilige Augustinus folgenderweise formuliert: „Du hast uns Gott für dich selbst geschaffen, und unser Herz ist unruhig, solange er sich in dich nicht beruhigt."1 Der die Fülle der Seligkeit besitzende selige und gute Gott ist, der transzen­dentale (und übernatürliche) Möglichkeitsgrund von allen Bestre­bungen nach dem Guten und der Seligkeit des Menschen ist. Wenn aber Gott gut ist - und die erschaffene Welt für ihn nicht gleichgül­tig ist - , und wenn seine Güte im Interesse der Welt auch wirksam sein kann (allmächtig), da kann der Mensch in seinem Seinsmangel und seiner existentiellen Not, sowie in seinem Kontingenz-Erlebnis mit Recht auf seine Hilfe und Vorsehung rechnen. Selbst das Wort „Vorsehung" deutet in den meisten Fremdsprachen in seinem ety­mologischen Sinn auf diese Hilfe an, da das Wort die Vorsehung Gottes (Providenz), (in der ungarischen Sprache) die Heilung der Mühe und Not des Menschen und im allgemeinen irgendeine Für­sorge ausdrückt. Obwohl es philosophiegeschichtlich erwiesen werden kann, dass der Anspruch auf die göttliche Hilfe und Vorsehung sich mit dem Erscheinen des jüdisch-christlichen Gottesbegriffes verbreitet, erscheint in der menschlichen Seele das Vorausahnen des für die Welt sorgenden Gottes (oder Gottheit) bereits bei Socrates.2 Die stoischen Denker setzen irgendwie die Vorsehung (pronoia) dem Fatum (heimarmené) gleich, est ist der Grund. Warum sie die Vor­sehung und die menschliche Freiheit miteinander nicht vereinba­ren kennen. „Wenn du damit einverstanden erklärst, führt es zu deinem Schicksal (fatum), widrigenfalls wirst du dadurch gezwun­gen sein.3 In der Weisheitsliteratur des Alten Testamentes ist die Auswirkung des Stoizismus bezüglich des Hellenismus und der Vorsehung zweifellos erkennbar.4 Die christlichen Denker verkün­den schon die Universalität der göttlichen Vorsehung und lehren, dass die fürsorgende Tätigkeit Gottes die Freiheit des Menschen nicht zerstört.5 Aurelius Augustinus nach erstreckt sich die göttli­1 Aurelius Augustinus: Confessiones Band I. Kap. 1.1. 2 Xenophon: Apournémonegmata 1,4 3 Epist. 107,11 4 Ijob 10,12; Weish. 6,7; 14,3; 17,2

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