Folia Theologica 14. (2003)
Pál Bolberitz: Providenz als Mitleid Gottes
12 P. BOLBERITZ che Vorsehung auf alles, und er verurteilt alle, die göttliche Regierung (gubernatio) tadeln.6 Weiters bekennt er überzeugt, dass das sich in der Welt befindende Böse der Vorsehung nicht widerlegt: Der unendlich gute Gott hätte das Böse in seinen Werken nicht zugelassen, wenn er nicht so allmächtig und gut wäre, dass er auch aus dem Bösen etwas Gutes herausbringen kann.7 Laut der Aussage des neuplatonischen Denkers, Dionysios Areopagites führt der Schöpfer des Alls alles zu seinem Ziel, und trägt für alles Sorge.8 Änhlicher Meinung ist J. Scotus Eriugena.9 Im Einklang mit der christlichen Tradition sagt der Hl. Thomas von Aquin aus, dass man Gott eine vorsehende Aktivität zuschreiben muss, die von seiner Liebe motiviert ist.10 Seines Erachtens ist die Vorsehung jenes wirksame, göttliche Vorhaben, das durch Vermittlung der Schöpfung (creatio), der Erhaltung der Welt (conservatio) und der Mitwirkung (concursus) den Seienden der Welt ermöglicht, ihre vom Gott gesetzten Ziele gewiss zu erlangen.11 Gleichzeitig betont er, zwar ist die Vorsehung als ein wirksames, göttliches Vorhaben ausschliesslich Gottes Werk, spielen in ihrer Verwirklichung die weltlichen-zeitlichen Ursachen auch eine wichtige Rolle.12 Da Gott die innerweltlichen Seienden ihrer Natur gemäss führt, verletzt seine Vorsehung die Selbständigkeit der natürlichen Wesen nicht, und er hebt die Freiheit des Menschen auch nicht auf. Demzufolge bedeutet die Verwirklichung des göttlichen Vorhabens nicht, dass es in der Welt ein von dem Willen des Menschen unabhängiges Schicksal (fatum) herrschen würde.13 Die göttliche Regierung darf nicht so gedeutet werden, als ob Gott die Ereignisse der Welt nachträglich verändern würde: nämlich aufgrund 5 Vgl. Irenäus: Adversus haereses 2,26; F. Lactantius: De opificio Dei: De ira Dei 6 A. Augustinus: De Genesi contra manicheos 1, 16,25 7 Vgl. A Augustinus: Enchiridion 11 8 D. Areiopagités: Petri theion eomatón 4 9 Vgl. De divisione Naturae 2,36 10 Summa Theol. I. q. 22 a 1; Summa contra Gentiles. III. 90; De Veritate q. 5. a. 2. 11 Vgl. S.T. I. q. 22 a. 1; a. 3. 12 Vgl. S.T.I. q. 103. a. 6; I II. q. 91 a. 2 13 Vgl. S. T. I. q. 22 a. 4; De malo, q 16 a. 7 ad 15; Summa contra Gentiles: III. 73