Folia Theologica 14. (2003)

Pál Bolberitz: Providenz als Mitleid Gottes

10 P. BOLBERITZ menschliche Schicksal und das irdische Leben der Menschheit kön­nen mit Recht einem grossen Drama gleichen (siehe Faust von Goe­the). Es ist also keine leichte Operette, wie viele das hätten möch­ten. Diese Tatsache lässt aus dem Zulassen des Bösen, aus der Rolle des Leidens, und aus allem, was das Problem des Bösen bildet, vie­les ahnen. Trotzdem meldet sich das Böse in der Geschichte manch­mal so kräftig und grausam, dass es den menschlichen Geist zu übertreffen scheint, wenn es sich als Spiel von übernatürlichen dä­monischen Kräften meldet. Hier muss der Verstand seinen Platz der Theologie übergeben. Es ist vor dem Gläubigen „als Mysterium des Bösen" gekannt. Die rein intellektuelle Analyse steht ratlos vor der Tatsache, die von dem unschuldig Leidenden mit Recht folgen­derweise formuliert werden: Im Prinzip nehme ich an, dass das Lei­den und das Böse auch eine höhere, die moralischen Werte för­dernde Rolle spielen können, aber warum muss gerade ich leiden, warum straft Gott gerade mich...? Auf den sonst berechtigten Vor­wurf kann - unserer Meinung nach - nur die gläubig angenomme­ne Offenbarung Gottes die Antwort sein. Die göttliche Vorsehung Mit dem Problem des Bösen ist sinngemäss die Frage der Vorse­hung verbunden. Da der Begriff des Bösen mit dem Begriff des Gu­ten korrelativ ist, bedeutet das Böse dem Menschen deswegen ein Problem, weil er das Gute als natürlichen Zustand hält. Das Gute ist - bloss von theologischem Gesichtspunkt aus - irgendeine Seins­vollkommenheit und da der Mensch vollkommen sein möchte und das Böse als einen Mangel (Mangel des Guten) erlebt, ist für ihn das Böse eine Unvollkommenheit, das Gute aber gleichzeitig eine Sein­mehrheit, nach der er als Ziel strebt um durch sein Erreichen und seine Besitzung zu irgendwelcher Fülle, „Vollendung" und Voll­kommenheit zu gelangen. Der Inbegriff des Besitzes des erreichten Guten ist die Glückseligkeit. Da der Grenzpunkt des menschlichen Zugriffs unendlich ist, strebt er - thematisch oder unthematisch - nach der unendlichen Glückseligkeit. Was ist der transzendentale Möglichkeitsgrund des unendlichen bestrebenden Verlangens des Menschen? In der Antwort können wir uns nicht mit immanenten Wirklichkeiten begnügen, wie z. B. die Natur, die Humanität oder

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