Folia Theologica 12. (2001)

Myriam Wijlens: Profil der Klienten eines Offizialates

PROFIL DER KLIENTEN EINES OFFIZIALATES 75 sehen dem faktischen Handeln - ein Partner verlässt die Ehe - und dem Bedürfnis, die Situation auch rechtlich zu regeln - ein Partner beantragt die zivile Scheidung bzw. möchte den Personenstand ge­klärt wissen. Dennoch führen die Ergebnisse dieser statistischen Er­hebung zu zwei Fragenbereichen: 1. Warum stellen Männer so viel seltener als Frauen einen An­trag? Haben sie kein Interesse oder wissen sie weniger um die Möglichkeiten? An die Pastoral stellt sich die Frage, ob Männer ausreichend und ob sie in für Männer geeigneter Weise informiert werden. 2. Wenn Frauen bedeutend häufiger als Männer einen Antrag einreichen, wo und wie informiert dann die Kirche diese Frauen über die vorhandenen Möglichkeiten bzw. wie infor­mieren die Frauen sich selbst? Werden z.B. in Zeitschriften, die insbesondere von Frauen gelesen werden, Informationen verbreitet? Die Zusammenstellung der Antragsteller und Antragstellerin­nen stellt jedoch auch an die personale Besetzung des Offizialates Fragen: Ist es ausreichend auf die weiblichen bzw. männlichen Klienten vorbereitet? Vergleichbare Erfahrungen aus dem Bereich der Medizin zeigen ja, dass Konsultationen von männlichen oder weiblichen Patienten mit entweder einem männlichen oder weibli­chen Arzt unterschiedlich verlaufen.7 Zu untersuchen wäre, ob dies auch im Bereich des Gerichtes so ist. 7 Im Bereich der Medizin wurden gravierende Unterschiede in der Gesprächs­länge, Gesprächsführung und den Gesprächsinhalten zwischen männlichen und weiblichen Patienten auf der einen Seite und männlichen und weiblichen Ärzten auf der anderen Seite festgestellt. Siehe dazu L. MEEUWESEN, Spreekuur of Zwijguur. Somatische fixatie en sekse-asymmetrie tijdens het medisch consult. Nijmegen, 1988. Dieser Hinweis auf die Medizin sollte kei­neswegs als eine These verstanden werden, dass nur Frauen mit Frauen und nur Männer mit Männern sprechen können. Im Gegenteil, eine gesunde Mi­schung von Männern und Frauen unter den Ansprechpersonen von Seiten des Offizialates scheint hier eher geboten zu sein. Die Bestimmung, dass Männer und Frauen, Priester, (verheiratete) Diakone und Laien als Richter, Verneh­mungsrichter oder Ehebandverteidiger amtieren können, ermöglicht es einem Bischof, bei der personellen Besetzung des Offizialates sowohl die gebotene Rücksicht auf die Klienten zu nehmen als auch die nötige Objektivität der Rechtsprechung zu gewährleisten.

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