Folia Theologica 11. (2000)

Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth

IST THEOLOGIE ÜBERHAUPT EINE WISSENSCHAFT? 77 Letztlich geht es jeder Theorie darum, die Wirklichkeit zu erschließen und zu verstehen. Das wiederum funktioniert durch Festellung der analo­gen Einheit des Gedachten mit dem Erfaßten. Das kann verschiedentlich geschehen. Es ergeben sich folgende Verifikationskriterien der Feststellung der analogen Einheit einer Theorie mit der Wirklichkeit: Inhaltliche Kriterien:- Verifikation durch logische Konsistenz und Einheit;-Verifikation durch ontologische Konsistenz und Einheit;-Verifikation durch geistige Introspektion und existentielle Intuition;-Verifikation durch Offenbarung: Hl. Schrift und Tradition (als Ergebnis der heilsgeschichtlichen Offenbarung der dynamischen gott-menschlichen Gemein­schaft der Ekklesia);-Verifikation durch Bewährung des Glaubens im allgemeinen Verhalten zur Welt (Relation des Glaubenden zu anderen Seienden verifiziert die Wirklich­keitskonformität des Glaubens). Daher gilt ein konsequenter Wirklichkeitsbezug gemäß dem ontologischen Grundsatz: „Die Wirklichkeit setzt sich durch” bzw. „Von nichts kommt nichts”. Daraus ergibt sich eine externe (objektive) und interne (subjektive) Verifikation des geforderten Wirklichkeitsbezugs. Der Wirklichkeitsbezug wird so hergestellt, wie der Mensch selbst in die Wirklichkeit verfügt ist: seinen sinnlichen Vermö­gen entspricht die empirische Verifikation; seiner Gabe des Verstandes, das sich im Analysieren, Rechnen und Begriffsbilden niederschlägt, entspricht die logi­sche Verifikation; seiner apriorischen Mitgift des Seins entspricht der Letztaus­weis aller Wirklichkeit am eigenen geistigen und existentiellen Zugang zum Sein, der wiederum die ontologische Konsistenz und Einheit entsprechen; der voraus­zusetzenden Geschenkhaftigkeit des Seins des Menschen1’13 entspricht die Verifi­kation durch Offenbarung, die das ganze Sein des Menschen in ihren Anspruch nimmt; der Geschichtlichkeit des Seins entspricht die Verifikation durch Bewäh­rung. Zwischen allen Verifikationsmodi besteht eine unvermischte und ungetrennte Einheitl()4, die der analogen Einheit des Seins selbst entspricht. Sie bildet die oberste und unantastbare Direktive. Jede Verifikation, die beispielsweise subjek­tiv-rational erfolgt und dem empirischen Meßergebnis widerspricht, befindet sich 103 104 103 Das Sein muß sich immer offenbaren und mitteilen; es muß zunächst einmal „da” und gegeben sein, um in einem zweiten Schritt untersucht werden zu können. 104 Daher darf kein Verifikationskriterium isoliert von anderen herangezogen werden.

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