Folia Theologica 11. (2000)
Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth
78 I. KONCSIK nicht in Einheit mit der Wirklichkeit und ist daher als falsch oder ergänzungsbe- dürftig/vorläufig zu qualifizieren.. Alle Verifikationsmodi sind objektiv - durch die Wirklichkeit - apriorisch grundgelegt und subjektiv - durch den Vollzug der Wirklichkeit - aposteriorisch realisiert wegen der unvermischt-ungetrennten Einheit von Subjekt und Objekt. Weiter gilt: die Offenbarung als spezfisch theologische Zusatzverifikation widerspricht nicht der Wirklichkeit, sondern entspricht ihr und vertieft sie. Jede Wissenschaft setzt ein Offenbarsein der Wirklichkeit und damit - als ihr Grund - ihre Offenbarung voraus. Theologisch wird mit dem Begriff der Offenbarung jedoch nur der eindeutige Fall der Selbstmitteilung Gottes an seine Geschöpfe, wie sie in Jesus Christus kulminiert, bezeichnet. Von der theologischen Offenbarung ist demnach gefordert, daß sie das ganze Sein und nicht nur einen Teil des Menschen „angeht” und „in Beschlag nimmt”. Indem dadurch das ganze menschliche Sein selbst ganz hingegeben wird, erfolgt seine analoge Transformation in die gottmenschliche Einheit Jesu Christi hinein. Formale Kriterien:-Absolute Universalität: die theologische Theorie aller Wirklichkeit muß auf die Analogie selbst reflektieren, also die analoge Einheit der Identität und Differenz ganz umfassen. Denn: formal wird eine ganzheitliche Emergenz der Theorie als ihre universale Formulierung, sowie konsequente Transzendenz bzw. universale Verinnerlichung gefordert. Ohne innere Konsequenz im Abschreiten der Begründungskette besteht keine universale Theorie der Einheit. Die geforderte universale Theorie muß zwei sich scheinbar widersprechenden Kriterien genügen: sie muß sich und ihre Formalität auf die angezielte Wirklichkeit hin überschreiten und sie darf sich dabei nicht vernichten oder aufheben oder substantiell relativieren. Sie muß sich transzendieren, ohne die eigene Immanenz zu verlassen. Also konkret: sie muß selbstbezüglich, offen, eindeutig, integrativ und potentiell formuliert sein. Anders formuliert: sie ist einerseits relativ konsistent und geschlossen, andererseits relativ inkonsistent, offen und ontologisch nichtig-begründungsbedürftig. Der Modus ihrer Universalität betrifft die Wirklichkeit der Seienden, insofern alle Seienden in ihrem Sein grundgelegt werden sollen. Die universale Theorie darf nicht nur der Möglichkeit nach auf eine konkrete Gegebenheit anwendbar sein, sondern muß es der Wirklichkeit nach sein, insofern sie angibt, wie sie realisiert wird, aber nicht, ob sie realisiert wird. Die konkrete Wirklichkeit darf aus der allgemeinen Theorie nicht ableitbar sein, sonst bestünde eine Identität zwischen der begrifflichen Theorie und der Wirklichkeit. Eine fatale Konsequenz: mit der Formulierung der Theorie wäre die Wirklichkeit mitrealisiert - das kommt nur dem göttlichen Schöpfer zu, der durch sein Wort schafft. [Daraus folgt:]