Folia Theologica 11. (2000)

Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth

IST THEOLOGIE ÜBERHAUPT EINE WISSENSCHAFT? 71 Wirklichkeit. Es darf weder ein empirischer, noch ein logischer noch ein ontolo­gischer Widerspruch auftreten. These: es gibt in einer bestimmten Hinsicht im­mer nur eine bestimmte theoretische Lösung (Verbot unentscheidbarer gleichwer­tiger Lösungen). Korrekte und wahre Thesen und Theorien sind hinsichtlich ihres Geltungsbereichs und ihrer Betrachtungsrücksicht immer zueinander analog ein­heitlich und different. An dieser Stelle bleibt es noch unentschieden, ob und inwiefern Theologie eine Wissenschaft mit spezifischen Verifikationskriterien re­präsentiert und in welcher Hinsicht eine spezifisch theologische Verifi­kation wissenschaftlicher Erkenntnis gegeben ist. Das verlangt eine kon­krete Explikation des Selbstverständnisses der Theologie sowie ihrer Notwendigkeit. 2. Notwendigkeit der theologischen Weiterführung Jede Wissenschaft ist relativ konsistent bzw. einheitlich, insofern sie in sich geschlossen und formal vollständig ist. Sie ist jedoch auch relativ inkonsistent, insofern sie ohne die ontologische Fundierung ihrer apriorisch vorausgesetzten Einheit der Wirklichkeit nichtig bleibt. Die ontologische Fundierung muß konse­quent vorangetrieben werden. Das führt zur spezifisch-theologischen Grundle­gung. 2.1. Die Einigungseinheit von Schöpfer und Geschöpf in Jesus Christus Die Einheit des Seins ist analog, so wie die Differenz und die Identi­tät analog sind: sie bezeichnen wirkliche Differenzen und Einheiten. So ist das erkannte Objekt zum erkennenden Subjekt analog, weil sie beide eine Einheit bilden. Die - attributive - Analogie der Einheit der Wirklichkeit ist durch drei Kriterien meßbar: die Einheit eines Seienden darf der „höheren” bzw. seinsmächtigeren Einheit eines anderen Seienden weder widerspre­chen (negatives Kriterium), sondern muß ihr entsprechen (positives Kri­terium) und sie überhöhen bzw. vertiefen (eminentes Kriterium). Wird eines der drei Kriterien reduziert oder ignoriert, so liegt eine Verfäl­schung der Wirklichkeit und damit Irrtum vor. Es zeigt sich eine Differenz zwischen der ontologischen und logischen Ein­heit: logisch wären das negative und positive Kriterium ausreichend, ontologisch jedoch muß das eminente hinzutreten, um die analog-hierarchische Stufung zu er­

Next

/
Thumbnails
Contents