Folia Theologica 11. (2000)

Imre Koncsik: Ist Theologie überhaupt eine Wissenschaft? - Ein Dialog mit Gustav Siewerth

72 I. KONCSIK fassen. So ist z.B. der Leib des Menschen zu seinem Geist ontologisch analog, in­sofern beide eine unvermischte und ungetrennte Einheit der Identität und Diffe­renz bilden. Wären beide nur logisch different und einheitlich, dann wären sie gleichwertig und ihre ontologische Differenz nivelliert. Ihre Gleichwertigkeit im­pliziert ihre Indifferenz, die im direkten Widerspruch zu ihrer Einheit steht. Sie setzt ihre wechselseitige Disposition und schöpferische Einigung - wenn auch auf differente Weise - voraus.94. Sie ist weder das lose Beisammen zweier Gege­benheiten noch substantiell indifferent. Vielmehr gehören Leib und Geist intim und nicht akzidentell zueinander, weil die Einheit des ihres Seins substantiell ist.95. Wie sieht eine ontologische Begründung der analogen Einheit des Seins aus? - Sie darf der Summe der möglichen Einheiten der Wirklich­keit weder widersprechen, sondern muß ihr entsprechen und sie überhö­hen. Also darf sie die faktische Wirklichkeit weder dialektisch aufheben oder als paradox abqualifizieren, sondern muß ihr analog entsprechen96: sie muß real bzw. wirklich sein. Ist die Einheit von Schöpfer und Geschöpf überhaupt realisiert? Wenn nein, dann wäre wegen der Nichtigkeit der Einheit des Seins über­haupt keine Einheit existent. Folglich zwingt die Realität der faktischen Einheit der Wirklichkeit zur Annahme eines analog entsprechenden Ziel­grundes. Er muß wegen des eminenten Kriterium unableitbar bzw. ana­log ableitbar sein. Christliche Theologie benennt diesen Zielgrund jedweder Einheit des Seins mit Jesus Christus. Er ist die unvermischte und ungetrennte Ein­heit von Gott und Mensch bzw. Schöpfer und Geschöpf. 94 Disposition ist der Gegenbegriff zu Determination, die zur Reduktion des ei­nen auf das andere führt. Vgl. GB, Überschrift, wonach eine „Unmöglichkeit einer endlich determinierten Wirklichkeit” besteht. 95 Ders.: Thomismus (1961), S. 176. 96 Ebd.: Die Einheit Gottes mit der Schöpfung „ist nicht einfachhin eine aufgelockerte substantielle Einheit oder eine bloße Beziehungseinheit zweier für sich bestehender Wesen, noch ist sie eine explikative Substanzeinheit, wiewohl Gott dem Geschöpfe näher ist als eine Substanz ihren Akzidentien oder sich selbst”. Die urbildliche Prägung stellt nämlich nicht „eine äußere Beziehung zwischen einem Vorbild und einem Nachbild her; sondern sie be­deutet die wesenhafte Begründungs-und Seinseinheit beider, die nicht aus­einanderzunehmen sind”. Nach Thomismus (1961), S. 187 beruht sie auf der „Realität” oder „Positivität” des Seins als „inneres Band der exemplarischen Einheit”.

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