Folia Theologica 11. (2000)

Péter Erdő: War die Kodifikation des Katholischen Ostkirchenrechts eine latinisierung?

WAR DIE ÖSTLICHE KODIFIKATION EINE LATINISIERUNG? 51 Feststellung des Primates bedurfte (1870), daß die lateinische Kirche diesen Schritt erst 1917 getan hat, und warum es für orientalischen Kir­chen (besonders für die nicht katholischen) so schwer ist, einen solchen Schritt prinzipiell zu rechtfertigen. Dennoch ist eine solche Entscheidung im neuen Orientalischen Ge­setzbuch in allgemeiner Form enthalten, normiert durch Kanon 6, 1° CCEO („abrogatae sunt omnes leges iuris communis vel iuris particula­ris, quae sunt canonibus Codicis contrariae aut quae materiam respici­unt in Codice ex integro ordinatam,,). Einige Autoren wie Francisco Javier Urrutia halten dem zwar entge­gen, daß im Kanon 2 des CCEO vorgeschrieben wird, daß solche Kano- nes dieses Gesetzbuchs, die das alte orientalische Kirchenrecht rezipie­ren, besonders aufgrund dieses alten Rechts auszulegen sind, und daher diese Normen des alten Rechtes weiterhin als geltend zu betrachten wä­ren.17 18 Dies wäre ein Unterschied im Vergleich zum Text des Kanons 6 § 2 des lateinischen Kodex, wo die Rezeption nicht erwähnt wird. Aber eben die Verwendung des Terminus „Rezeption” ist ein Zeichen dafür, daß das entsprechende alte, gemeinsame Kirchenrecht nicht mehr in Gel­tung ist, sondern gerade der Rezeption in den Kodex bedarf, um Geltung zu haben.19 Dies alles ist aber ein Problem des Wesens der Kodifikation selbst und nicht der Latinisierung. 2. Die Struktur des Orientalischen Kodex Der CCEO gliedert sich in Titel, Kapitel, Artikel, wobei einige Arti­kel auch in Nummern eingeteilt sind, während die Grundeinheiten die Kanones sind. Kanones sind für kirchliche Rechtsnormen eine uralte Benennung, die natürlich zuerst im Osten verwendet wurde.20 Die Aufteilung der Kodex in Titel, aber nicht in Bücher, folgt - wie schon angedeutet - bewußt der 17 F. J. URRUTIA, Canones praeliminares Codicis (CIC). Comparatio cum ca­nonibus praeliminaribus Codicis canonum Ecclesiarum Orientalium (CC), in Periodica 81 (1992) 175. 18 Sondern das Wort referunt gebraucht wird; vgl. URRUTIA ebd. 19 So sieht den Sinn des Kanons 2 des CCEO auch Emmanuel Lanné (La révi­sion du Droit canonique oriental et le retour aux traditions authentiques de l’Orient, in Irenikon 54, 1981, 485-497), auch wenn er diese Tatsache kriti­siert. 20 E. SCHWARZ, Zur Geschichte der Alten Kirche und Ihres Rechts (Gesam­melte Schriften 4), Berlin 1960, 177-186.

Next

/
Thumbnails
Contents