Folia Theologica 11. (2000)
Péter Erdő: War die Kodifikation des Katholischen Ostkirchenrechts eine latinisierung?
46 P. ERDŐ Auffaßung des kanonischen Rechts, sind in der Kirche - über die von den kirchlichen Behörden promulgierten positiven Normen hinaus - auch die Normen des s. g. göttlichen Rechts unmittelbar anwendbar (auch ohne Kanonisation!).4 Die Vorbereitung der Kodifikation des Ostkirchenrechts begann am 15. Juni 1927, als die Mitglieder im Kardinalsrang der Heiligen Kongregation für die Ostkirche (S. Congregatio pro Ecclesia Orientali) auf Anregung von Kardinal Gasparri die Kodifikation des Rechtes der Ostkirchen beschlossen. Am 29. November 1929 setzte Papst Pius XI. (1922- 1939) eine Kommission unter dem Vorsitz von Kardinal Gasparri ein, um die Vorbereitungsarbeit für die Kodifikation durchzuführen. Diese Vorbereitungsphase dauerte bis Ende 1935. Danach begann die Redaktions- und Formulierungsarbeit, die im Mai 1948 ihren Abschluß fand. Schon am 7. März 1930 haben die Vertreter der katholischen Ostkirchen jedoch beschlossen, bei der Kodifikation den lateinischen Codex als Grundlage zu verwenden und den Text den orientalischen Quellen nur anzupassen.5 Inzwischen hatte die noch 1929 zu diesem Zweck gegründete Sonderkommission begonnen, die Kirchenrechtsquellen der Ostkirchen zu sammeln und herauszugeben. Die Edition erfolgte in einer aus drei Serien bestehenden Reihe, die heute aus rund sechzig Bänden besteht.6 Ein bedeutender Teil des allen Ostkirchen gemeinsamen Rechts erschien schon zwischen 1949 und 1958 unter dem Pontifikat Pius XII. (1939-1958) in Gesetzbuchform, aber nicht in einer einzigen Einheit, sondern durch mehrere eigene Motuproprios. das Eherecht war in Crebrae allatae (22. IL 1949: AAS 41 [ 1949] 89-117) enthalten, das Prozeßrecht in der Sollicitudinem nostram (6. I. 1950: AAS 42 [1950] 5-20), 4 Vgl. z. B. P. ERDŐ, Theologie des kanonischen Recht. Ein systematisch-historischer Versuch (Kirchenrechtliche Bibliothek I), Münster 1999, 74-75; 171-174; usw. 5 Vgl. ZUZEK, The Ancient Oriental 148 („... at their first meeting, on 7 March 1930, the official representatives of the Oriental Catholic Churches, unanimously decided to follow the pattern of the Latin Code, yet, in such a way, that it would be apparent from the sources, omissions, additions and modifications that is is really oriental.” 6 Fonti della Codificazione Orientale. Serie 1 (13 Bände); Serie II (32 Bände); Serie III (14 Bände); vgl. A. L. TAUTU, Relazione sulla stampa della Serie III déllé fonti della codificazione orientale, in Nuntia 3 (1976) 96-100; L. GLINKA, Resoconto sulla pubblicazione déllé fonti della codificazione orientale, in Nuntia 10 (1980) 119-128.