Folia Theologica 10. (1999)

Stanislav Vojtko: Reinkarnation oder Auferstehung?

60 S. VOJTKO sympathische Alternative für den Menschen, der die Angst vor den ver­antwortlichen Lebensentscheidungen hat, was für den modernen Men­schen typisch ist.2 * * * Seien wir aber nicht nur mit einer Konstatierung des historischen, soziologischen und psychologischen Hintergrundes dieser Erscheinung zufrieden, aber versuchen wir auch die entsprechende Gegenargumente zu finden, die an die Unvereinbarkeit dieser zwei Doktrinen - des chris­tlichen Auferstehungsglaubens und des orientalichen (aber auch des westlichen) Reinkarnationsglaubens hinweisen. Es ist auch ohne Frage, daß die beiden Lehren auch bestimmte geme­insammen Postulaten haben: — Das Leben endet mit dem Tode nicht — Nach dem Tode kommt bestimmter Lohn oder bestimmte Strafe fürs überlebte Leben an — Das glückliche Leben (der Lohn) nach dem Tode hat seine Quelle im Gott. Doch die konkrete Erfüllung dieser Postulaten (die übrigens allen Re­ligionen der Welt gemein sind) unterscheidet sich diametral. Die orien­talischen Religionen halten das irdische Leben für einen Raum für sich freimachen der irdischen Sehnsüchte und für eine Vorbereitung der Seele zur Zusammenfließung mit der Göttlichkeit (pantheistisch verstanden). Ein wirklich sittsamer Mensch ist der, der sich mittels der asketischen Übungen von den Leiblasten befreit, damit nach dem Tode seine Seele im Gott zerrinnen könnte. Soll ihm es gelingen, hat er die Erlösung er­reicht, an der aber der menschliche Leib schon keine Teilnahme hat. Wenn er sich aber nicht in seinem gegenwärtigen irdischen Leben genug gereinigt hat, muß er nochmals nach seinem Tode in einen anderen Leib (tierischen oder menschlichen) übergehen und sich neuerlich um das Er­reichen der Erlösung - also um eine Vorschmelzung seiner Seele mit der Göttlichkeit bemühen.3 2 Vergleiche GRESHAKE, G., Gottes Heil-Glück der Menschen, Freiburg 1983, 229. 3 Merkwürdig aber ist, daß in der ersten indischen Religion nämlich im Brahmanis­mus, „die verbreiteste Auffassung war, daß auf die frommen Menschen nach ihrem Tode die Unsterblichkeit im Himmel wartet, im Ort der Götter” (vgl. GRANAT, Zum Menschen und zum Gott in Christus, 5/II/2 Velehrad - Christ­liche Akademie, Rom 1986, 18).

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