Folia Theologica 10. (1999)

Ciril Sorč: Die trinitarische Dimension des menschlichen Lebens

DIE TRINITARISCHE DIMENSION 47 umsonst, daß die Heilige Dreifaltigkeit unser Sozialprogramm ist.40 Der zweite Vatikanische Konzil geht aus der gleichen Realität aus, wenn er behauptet: „Der Mensch ist bis zu Tiefen seiner Natur ein Gemeinschaft­swesen und kann ohne die mitmenschlichen Beziehungen weder leben noch seine Gaben entwickeln,” (GS 12,4). Es gibt keinen, der in der perichoretischen Gemeinschaft unwichtig wäre. Darin werden alle Wertmodelle der sogenannten elitären, erfol­greichen Gesellschaft auf den Kopf gestellt.41 Hier hat der Mensch se­inen Wert in sich selbst, in seinem ontologischen Sein. In dieser Gemeinschaft steht das Dienen im Vordergrund und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit sind die Kleinsten. Hier gibt es keine Marginalien, nichts Unbedeutendes. Die Kleinsten sind eigentlich der Prüfstein für die Offenheit des Einzelmenschen und der ganzen Gesellschaft: wie weit di­ese Gesellschaft bereit ist, sich auszusetzen, sich von dem so genannten „Störelementen” „stören lassen”. Es ist wichtig, die Personen, die in der sogenannten „gesunden Gemeinschaft” die „Störelemente” sind, in ihrer Andersartigkeit anzunehmen und sie als solche in die Gemeinschaft als ihre eigene Bestandteile einzuschließen. Ihr Anderssein muß als Er­möglichung, daß sie in der Gemeinschaft alle Empfangs- und Schenkensdimensionen entwickeln können, anerkannt werden. Diese Menschen sind nämlich nicht bloß Empfänger unserer Sorgen, Zuwen­dung und Liebe, sondern sind sie auch die Geschenkgeber, denn durch sie wird die Gesellschaft menschlicher. Sie sind also nicht bloß das pas­sive, sondern aktive und stimulierende Element. Jede Selbstzufriedenheit wird also auf die Probe gestellt. Zur „gesunden Gesellschaft” gehören auch die Kranken, Behinderten, Älteren... Die perfektionistische, asepti­sche Gesellschaft ist krank in sich selbst. Das ist eine Gesellschaft mit dem Straußenkompleks. Wir kennen hier auf der Erde keine vollkom­mene Gesellschaft. Erkennungszeichen des Gottes Reiches und Glaub­würdigkeit Jesu von Nazareth als Erlösers, Messias ist: „Blinde sehen wieder, und Lahme gehen, Aussätzige werden rein, und Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet,” (Mt 11,5 = Lk 7,22; vgl. Lk 4,18-19; Jes 61,1-2). Die „Armen” werden im­40 J. MOLTMANN, Humanity in God, SCM, London 1983, 104. Diesen Gedanken verwandelte schon vor ihm N. Fedorov; vgl. P. CODA, Dio uno e trino, Paoline, Milano 1993, 245. Tullo Goffi spricht über die trinitarische Ethik: Etica cristiana trinitaria, ED, Bologna 1995. 41 Vgl. J. MOLTMANN, Der Geist des Lebens, Chr. Kaiser. München 1991, 205-207.

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