Folia Theologica 10. (1999)
Ciril Sorč: Die trinitarische Dimension des menschlichen Lebens
44 C. SORC Die Personen sind in ihrer Einmaligkeit erfaßt. Diese Einmaligkeit bedeutet aber keine Abtrennung, keine Selbstgenügdheit, sondern Unersetzbarkeit in der Einstellung an eine andere Person.33 Diese Einmaligkeit wird in der Begegnung mit anderer Person erkannt. Neben anderer Person ist jemand einmalig und nicht bloß einzig. Die Person ist also in der Gemeinschaft eingeschlossen. Das aber setzt die Verschiedenheit voraus, die der Einheit und nicht der Absonderung dient. Die Einstellung zu anderer Person ist also das Unterscheidungsmerkmal der Person, die sich vor allem mit der Annahme und dem Schenken verwirklicht. Wir sprechen von der Einheit in der Verschiedenheit und von der Verschiedenheit in der Einheit. Der Mensch ist soweit eine Person, als er, durch den persönlichen Ruf vom Gott des Schöpfers, ins Leben gerufen wird. So war die Schöpfung die erste Ansprache, mit der sich Gott zum Menschen gewendet hat. Durch diesen Ruf ist Mensch eine Person geworden. Eine Person, die Gott fähig ist! Der Mensch wurde in eine dialogische Beziehung mit dem Gott gestellt und die ganze Erlösungsgeschichte ist eine Rettung der Persönlichkeit des Menschen, eine Wiederherstellung jenes Dialoges, ohne dessen der Mensch als Person verstümmelt wäre. Von dieser dialogischen Beziehung des Menschen zu Gott hängt seine Dialogsfähigkeit mit den Mitmenschen und der Schöpfung ab.34 Die Fortsetzung der göttlichen Perichorese verwirklicht sich im Leben des Menschen nur dann, wenn er die Worte Jesu erfült: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit deinen Gedanken. Das ist das wichtigste und erste Gebot. Ebenso wichtig ist das zweite: Du sollst deinen Nächsten lieben wie sich selbst (Mt 22, 37-39)”. Die Perichorese kommt zum Ausdruck gerade in dem Erfüllen des größten Gebotes. Das ist ein Kreislauf der Liebe in allen Dimensionen des menschlichen Lebens. Dieses liebende Gebiet schließt nichts aus. Hier gibt es für niemanden zu wenig, hier verliert niemand. Die richtige Reihenfolge ist notwendig: auf erster Stelle ist die Liebe zum Gott: sie ermöglicht uns die richtige Liebe zu sich selbst und zu den P. L1VIO, Trinidad como Amor. La doctrina trinitaria de Ricardo de san Victor, in: Estudios trinitarios 27 (1993) 275-287; J. SPLETT, Leben als Mit-sein, 67-70. 33 Vgl. L. OEING-HANHOFF, Trinitarische Ontologie und Metaphysik der Personen, in: W. BREUNUNG (Hrsg.), Trinität. Aktuelle Perspektiven der Theologie, Herder, Freiburg-Basel-Wien 1984, 143-182; bes. 163-167. 34 Vgl. C. MOWRY LACUGNA, Dio per női. La Trinitá e la vita cristiana, Queriniana, Brescia 1997, 242-316.