Folia Theologica 10. (1999)
Ciril Sorč: Die trinitarische Dimension des menschlichen Lebens
DIE TRINITARISCHE DIMENSION 41 der Heiligen Dreifaltigkeit ist alles gemeinschaftlich und perichoretisch, ohne daß in diesem gemeinsamen Vorgehen eine gegenseitige Vermischung der Subjekte (Hypostasen) passieren würde. Jedes Ich ist in Gott Ganzheit und seine vollkommene Seligkeit liegt daran, daß jedes Ich, das Ganzheit ist, den anderen, der auch Ganzheit ist, umarmt. Diese Subjekte gehen aber nicht irgendwie von außen dem anderen entgegen, wie es bei den Menschen der Fall ist, sondern ruhen von Ewigkeit an ineinander. Die göttliche Ganzheit drückt sich im ontologischen Gespräch, das von drei göttlichen Personen verwirklicht wird, aus. „Jedes Ich besitzt dabei das unendliche göttliche Ganze in dialogischer Gemeinschaft mit den beiden anderen”.20 21 So erfaßt sich jedes Ich in seine Beziehung zum anderen. Das ist die Bewegung jedes Ichs zum anderen Ich, und zwar derart, daß es den anderen als Mittelpunkt seiner eigenen Existenz setzt und ihn mit seiner Liebe umgibt: das ist peri-choresis, circum-incessio. So können wir in jeder Hypostasis auch die beiden anderen sehen. Weil die östliche Theologie die Zustimmung der Einheit der drei göttlichen Personen im Vater und nicht in der Natur sieht, gibt sie der Auffassung der Perichorese eine andere Betonung, als es uns im Westen bekannt ist. Diese östliche (oder sagen wir auch: johanneische) Sprache ist neuerlich auch von einigen katholischen und evangelischen Theologen entdeckt worden, weil sie in ihr einen großen Wert für die zwischenmenschlichen Beziehungen auf allen Ebenen der Existenz erkannt haben. Ich möchte hier nur einige von ihnen erwähnen: H.U.v. Balthasar ; J. Moltmann, der in der Heilige Trinität eine einladende und ver-einigende Einheit und als solche eine menschen- und weltoffene Einheit sieht22 23; Leonardo Boff, der die trinitarische Gemeinschaft als eine Grundlage einer umfassenden gesellschaftlichen Befreiung siet ; schon erwänte K. Hemmerle24; Bruno Forte, der das Gotteswesen als die ewige Geschichte 20 D. STANILOAE, a.a.O., 275. 21 Vgl. G. MARCHESI, La cristologia trinitaria di Hans Urs von Balthasar, Queriniana, Brescia 1997. 22 Vgl. sein Buch Trinität und Reich Gottes, Chr. Kaiser, München 1980. 23 L. BOFF, A Trinidadé, a sociedade e a libertacäo; ich benutze hier die deutsche Übersetzung: Der dreieinige Gott, Patmos, Düsseldorf 1987. Vgl. auch sein Buch Trinità: la migliore comunità, Cittadella ed., Assisi 1990. 24 K. HEMMERLE, Thesen zu einer trinitarischen Ontologie, Johannes, Einsiedeln 1976; Dreifaltigkeit: Lebensentwurf für den Menschen aus der Liebe Gottes, in: K. HEMMERLE, Dreifaltigkeit - Schlüssel zum Menschen, Schlüssel zur Zeit, Neue Stadt, München-Zürich-Wien 1989, 119-133; Leben aus der Einheit. Eine theologische Herausforderung, Herder, Freiburg- Basel-Wien 1995.