Folia Theologica 9. (1998)
Péter Erdő: Die Reliquienverehrung im Kirchenrecht
86 P. ERDŐ Reliquienhalter zur Verehrung ausgesetzt werden durften (CIC 1917 c. 1287, § 2). III. Die heutige kanonische Regelung Angesichts der Tatsache, daß der Kult der Reliquien in manchen Regionen abgenommen hat, ist verständlich, daß sich der neue Codex Iuris Canonici mit diesen Fragen viel weniger beschäftigt, als sein Vorgänger von 1917. Die Tradition der Reliquienverehrung wurde jedenfalls vom II. Vatikanischen .Konzil ausdrücklich anerkannt, es wurde jedoch betont — wie auch im alten Kirchenrecht —, daß nur echte Reliquien zur öffentlichen Verehrung der Gläubigen ausgesetzt werden dürfen und daß die Echtheit durch eine Urkunde bewiesen werden soll (SC 111)9. Der Begriff der Reliquien wird im Codex Iuris Canonici von 1983 nicht definiert. Im Sinne des c. 6 soll man aber auch die kanonische Tradition berücksichtigen, wenn Kanones erklärt werden, die das alte Recht wiederholen. So kann man die alte Definiton der Reliquien weiterhin anwenden und unter Reliquien Überreste von verehrungswürdigen Gegenständen (z. B. vom Kreuz des Herrn), sowie von Körperteilen und Kleidungsstücken von Heiligen und Seligen, und im weiteren Sinne auch von Erinnerungsstücken an sie verstehen10. Direkt und haupsächlich über die Reliquien spricht im geltenden lateinischen Codex nur der c. 1190, der zwar unter dem Titel “Die Verehrung der Heiligen, der heiligen Bilder und Reliquien” {De cultu Sanctorum, sacrarum imaginum et reliquiarum) steht, spricht aber nicht über die Verehrung selbst, sondern eher nur über die Veräußerung der Reliquien. Es wird streng verboten, heilige Reliquien zu verkaufen (c. 1190, § 1). Wenn aber bedeutende Reliquien oder andere, die große Verehrung beim Volk erfahren, veräußert oder für immer an einen anderen Ort gebracht werden sollen, ist dazu die Erlaubnis des Apostolischen Stuhls einzuholen (c. 1190, § 2). Ohne solcher Erlaubnis ist die Veräußerung nicht nur ungültig (ebd.), sondern auch strafbar (c. 1377). Dies bedeutet aber auch, daß für ein zeitlich beschränktes Transferieren (z. B. für Prozessionen) eine solche Erlaubnis nicht notwendig ist11. 9 Vgl. H. J. F. REINHARDT, in Münsterischer Kommentar zum Codex Iuris Canonici unter besonderer Berücksichtigung der Rechtslage in Deutschland, Österreich und der Schweiz, Essen 1985 ff., ad can. 1190/1. 10 Vgl. K. MÖRSDORF, Lehrbuch des Kirchenrechts, II, 11. Aufl., München - Paderborn - Wien 1967, 381; REINHARDT 1190/1. 11 Vgl. REINHARDT 1190/1.