Folia Theologica 9. (1998)
Péter Erdő: Die Reliquienverehrung im Kirchenrecht
DIE RELIQUIENVEREHRUNG IM KIRCHENRECHT 85 mächtigten kirchlichen Person schriftlich beglaubigt ist (CIC 1917 c. 1283). Geht diese Beglaubigung verloren, so dürfen die Reliquien nur nach einer besonderen Entscheidung des Orstordinarius zur öffentlichen Verehrung ausgesetzt werden (CIC 1917 c. 1285, § 1). Das Dokument oder diese neue Entscheidung konnten aber durch die lange Verehrung ersetzt werden, ausgenommen wenn aus sicheren Gründen klar hervorgegangen ist, daß die Reliquien falsch waren oder ihre Echtheit auf bloßer Annahme beruhte (CIC 1917 c. 1285, § 2). Die Reliquien, deren Echtheit nach dem Wissen des Ortsordinarius nicht sicher war, mussten von der Verehrung vorsichtig entfernt werden (CIC 1917 c. 1284). Im Laufe des Seligsprechungverfahrens war bis 1983 die Eröffnung des Grabes (recognitio exuviarum) des Dieners Gottes vorgeschrieben (vgl. CIC 1917 c. 2096). Bei diesem Anlaß konnte man Überreste aus dem Körper sammeln, über deren Authentizität der Postulator ein Schreiben verfassen konnte6. Dieses Zeugnis war aber im Moment seiner Ausstellung noch keine Urkunde über die Echtheit einer wirklichen Reliquie, weil der Diener Gottes noch nicht seliggesprochen war. Obwohl die heutige Disziplin die Eröffnung des Grabes nicht mehr in dieser Form vorschreibt7, scheint die Möglichkeit der Ausstellung eines solchen Briefes durch einen Postulator nicht völlig ausgeschlossen. Andere Normen beschäftigten sich mit der Frage der Veräußerung von Reliquien. Sowohl die Entäußerung (somit auch die Verschenkung), als auch die Translation bedeutender Reliquien war ohne Erlaubnis des Heiligen Stuhls verboten (CIC 1917 c. 1281, § 1). Der Verkauf jeglicher Reliquien war streng untersagt und die Ordinarier aber auch die Dechanten mussten sogar aufpassen, damit Reliquien nicht einmal aus einem Nachlaß verkauft werden oder sonst in die Hand von Nichtkatholiken übergehen (CIC 1917 c. 1289, § 1). Auch die Bewahrung von Reliquien war sowohl im alten Codex als auch in den liturgischen Büchern (Rituale Romanum, Caeremoniale Episcoporum) und in den Entscheidungen der Rituskongregation minuziös geregelt8. Ganz besondere Regel haben für die Reliquien des heiligen Kreuzes gegolten, die nicht einmal mit anderen Reliquien in demselben 6 Vgl. L. LAURI - G. FORNARI, Codex pro postulatoribus causarum beatifi- cationis et canonizationis, 4. Aufl., Roma 1929, 271. 7 Vgl. z. B. J. L. GUTIÉRREZ, Gli altri atti dei culto divino (cann. 1166- 1204), in La funzione di santificare della Chiesa (Quaderni della Mendola 2), Milano 1995, 186. 8 Vgl. RADÓ 459; R. NAZ, Reliques, in Dictionnaire de droit canonique VII, Paris 1965, 570-571.