Folia Theologica 9. (1998)

Helmuth Pree: Grundfragen des Rechts und der Verwaltung - kirchlichen Vermögens

GRUNDFRAGEN DES RECHTS 55 Der andere Aspekt (die Kirche muß Kirche der Armen bzw. für die Armen sein) läßt die Armen (im weitesten Sinn verstanden) als Desti­natare und Nutznießer kirchlichen Vermögens erscheinen, ein Grundzug, den das kirchliche Vermögensrecht seit ältesten Zeiten aufweist. Der CIC trägt dem schon in der grundlegenden Umschreibung der der Kirche eigenen Zwecke Rechnung mit der Wendung “opera caritatis, praeser­tim erga egenos” (c. 1254 § 2).11 (5) Der universelle Gesetzgeber kann kein allgemein gültiges Kirchenfinanzierungssystem festlegen; zu unterschiedlich sind die recht­lichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen in den verschiedenen Teilen der Welt. Auch der CIC/1983 verzichtet auf eine derartige Fest­legung (das Benefizialsystem des CIC/1917 entsprach weithin nicht der Wirklichkeit). Obwohl der CIC/1983 eine Präferenz zugunsten der subventiones ro­gatae im Vergleich zu den hoheitlich auferlegten tributa erkennen läßt (vgl. cc. 1262 f.), verankert er die Pflicht aller Gläubigen zur Unter­stützung der Kirche als strikte Rechtspflicht (c. 222 § l).12 Dem ent­spricht das Recht der Kirche gemäß c. 1261 § 2. Mit Blick auf das durch das Benefizialsystem gekennzeichnete Ver­mögensrecht des CIC/1917 erwies sich im neuen CIC die Abkehr vom Benefizialsystem als unumgehbare Notwendigkeit: Der geistliche Zweck des Kirchenamtes wird damit, entgegen seiner bisherigen Benefiziali- sierung, wieder in den Mittelpunkt gerückt (Vat II PO 20). Dem ent­spricht es, wenn der Anspruch der Amtsträger, besonders der Kleriker auf Lebensunterhalt und entsprechende Vergütung, nicht als Lohn (mer­ces, vgl. c. 1286,2°), sondern als remuneratio bezeichnet wird (c. 281 §§ 1 und 3). (6) Die Kirche darf vom Staat, der Grundrechte nicht nur als status negativus bzw. passivus verbürgt, erwarten, daß er den Beitrag der Kirche für das Gemeinwohl, für die sittlichen Grundlagen der Gesell­Geist des Evangeliums (vgl. Mt 19,21) verlangt, daß die Jünger Christi diese Welt so benutzen, als benutzten sie sie nicht (vgl. 1 Kor 7,31): Sie sollen da­her bescheiden, frei und verfügbar sein, auf die göttliche Vorsehung ver­trauen, großherzig den Armen geben und das Band der Liebe beachten (vgl. 1 Joh 3,17 f.). 11 Vgl. auch cc. 114 § 2; 222 § 2; 282 § 2; 298 § 1; 529 § 1; 640. Vgl. auch c. 1007 Satz 2 CCEO. 12 Vgl. Gerhard FAHRNBERGER, Die Beitragspflicht der Gläubigen im Lichte des II. Vatikanischen Konzils: Hans PAARHAMMER (Hrsg.), Finanzwesen (Anm. 1) 303-331.

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