Folia Theologica 9. (1998)
Helmuth Pree: Grundfragen des Rechts und der Verwaltung - kirchlichen Vermögens
54 H. PREE (4) Das Postulat der Armut der Kirche bedeutet, bezogen auf die Kirche als Institution, die strikte Zweckbindung allen kirchlichen Vermögens bei Erwerb, Besitz, Verwaltung und Veräußerung (vgl. c. 1254 §§ 1 und 2). In diesem Rahmen ist eine gewisse finanzielle Basis und Unabhängigkeit der Kirche eine Bedingung ihres freien Wirkens. So kann sie dem doppelten Anspruch genügen, Kirche der Armen und arme Kirche zugleich zu sein. Der letztgenannte Aspekt (arme Kirche zu sein) meint im vorliegenden Kontext insbesondere die strikte Zweckbindung allen Kirchenvermögens an die der Kirche eigenen Zwecke und den dementsprechenden Umgang mit Kirchenvermögen. Kirchenvermögen darf daher niemals einer Gewinnmaximierung oder Anhäufung von Reichtümern dienen, sondern soll Bedarfsdeckungswirtschaft hinsichtlich der der Kirche eigenen Zwecke sein und soweit möglich auch ihre längerfristige Sicherstellung gewährleisten.9 Das Postulat einer armen Kirche muß sich auch außerhalb der Armut auf Grund der evangelischen Räte im persönlichen Leben der Glieder und amtlichen Repräsentanten der Kirche widerspiegeln. Der CIC läßt dieses Postulat in mehreren Rechtsbestimmungen erkennen: cc. 222 § 2; 282 §§ 1 und 2; 387.10 des katholischen Kirchenrechts, Regensburg 1983, 859-880, 861; Winfried SCHULZ, MK c. 1254, Rdn. 2; Velasio DE PAOLIS, Art. Beni ecclesiastici (Bona ecclesiastica): Carlos CORRAL SALVADOR - Velasio DE PAOLIS - Gianfranco GHIRLANDA, Nuovo Dizionario di Diritto Canonico, Milano 1993, 99-107, 105. 9 Im Unterschied zum CIC bringt der CCEO diesen Gesichtspunkt insofern programmatisch zum Ausdruck, als er Bedarf und Einsatz zeitlicher Güter der Kirche in dem Rahmen als legitim voraussetzt, "quatenus propria eius missio id postulat" (c. 1007 Satz 1 CCEO). Jedoch wird auch im CIC im Sinne von Vat II PC 13 von den Ordensinstituten das Zeugnis kollektiver Armut eingefordert (c. 640). Die Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland stellte dazu (im Blick auf das Kirchensteuersystem) fest: “Das Geld des einzelnen Christen, der Kirche insgesamt und das Kirchensteuergeld speziell hat so lange eine positive Funktion und stellt insoweit die Lauterkeit des Zeugnisses der Kirche nicht in Frage, als es nicht zum Selbstzweck wird, als die Kirche als Volk Gottes in innerer Freiheit von Besitz und von falschem innerweltlichem Sicherheitsstreben das Geld selbstlos und von ihren Mitgliedern verantwortet zur Erfüllung ihres Dienstes benutzt” (Ludwig BERTSCH u. a. [Hrsg.], Gemeinsame Synode der Bistümer in der Bundesrepublik Deutschland. Ergänzungsband: Arbeitspapiere der Sachkommissionen. Offizielle Gesamtausgabe II, Freiburg-Basel-Wien 31981, 208). 10 Das “Directorium de Pastorali Ministerio Episcoporum” vom 22. Februar 1973, Nr. 134 schärft den Bischöfen als eines der Prinzipien für den Umgang mit kirchlichem Vermögen die ratio ascetica ein, die entsprechend dem