Folia Theologica 9. (1998)

Viktor Papež OFM: Die nationalen Minderheiten in den kirchlichen Dokumenten

46 V. PAPEZ die einzelnen und die Nation trennen. Die Achtung der Minderheiten ist ein Zeichen der Hoffnung, ein Eckstein für die Harmonie im gesell­schaftlichen Leben und ein Indikator für den Grad der Reife der Gesell­schaft, der Nation und der gesellschaftlichen Institutionen. In einer echten demokratischen Gesellschaft finden auch die Minderheiten ihren bestimmten Platz, was zum Stolz für das Mehrheitsvolk gereicht.55 Der Papst appelliert an alle Christen, besonders an jene, die eine verant­wortliche Stellung in der Gesellschaft besitzen. In Christus sind alle Brüder und Schwestern, ganz gleich zu welcher ethnischen Gruppe sie zählen. Deswegen kann ein Christ keinesfalls eine Diskriminierung un­terstützen. In der Kirche darf kein Platz für sie sein. Der Christ muß sich mit den Minderheiten solidarisch fühlen, besonders mit jenen, die unter­drückt werden. Der Papst beendet seine Botschaft mit dem Hinweis, daß unter den Grundrechten des Menschen die Rechte der nationalen Minderheiten eine zentrale Stellung einnehmen.56 Über die nationalen Minderheiten und ihren Schutz sprach auch der Vertreter des Heiligen Stuhles auf der Versammlung der Konferenz für Europäische Sicherheit und Zusammenarbeit vom 1.-19. 7. 1971 in Genf. Diese Konferenz wurde ganz der Frage der nationalen Minderheiten gewidmet. In seiner Rede betonte der Apostolische Nuntius, daß in der Zeit der Entstehung neuer staatlicher Verhältnisse die Frage der nationa­len Minderheiten immer brennender werde, und daß die Lösung dieses Problems entschieden auf den Frieden und auf das gegenseitige Zusam­menleben in Europa wirke. Bei seinen Ausführungen berief er sich öfters auf die Botschaft des Papstes für den Friedenstag im Jahre 1989. Er betonte klar, daß es ein Recht der kollektiven Identität der nationalen Minderheit gibt, welches in der Anerkennung der Persönlichkeit des Menschen gegründet ist.57 Zu erwähnen ist auch, daß die Bischofssynode vom 28. 11. - 14. 12. 1991 in Rom die Frage der nationalen Minderheiten nicht aussparen konnte. Zwar wies das Arbeitsdokument der Synode nur ziemlich kurz darauf hin,58 aber auf der Synode selbst griff am 4. 12. 1991 der Bischof von Brüssel G. Danneels das Problem ausführlich auf 55 Ibid., n. 12. 56 Ibid., n. 14, 15. G. MEJIA, “Presentazione del Messaggio”, in L’Osservatore Romano, 8-9. 12. 1988. 57 J. M. GARCIA, “Alla riunione di Ginevra sulle minoranze nazionali”, 2. 7. 1991, in II Regno-Documenti 36 (1992) 586. 58 Europäische Bischofssynode, Arbeitspapier: “Ut testes simus Christi qui nos liberavit”, n. 22.

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