Folia Theologica 8. (1997)

Anton Štrukelj: Die Christologie in der Theologik Hans Urs von Balthasars

DIE CHRISTOLOGIE 53 Zu-uns-kommen (Joh 1,9), nicht in seinem Reden. Sein ’Fleischwerden’ ist die wesentliche Aussage, auf die es ankommt.40 Die vollständige Realität der Menschwerdung ist auch im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Versuchung sichtbar. Der entscheidende Schlüssel für das Verständnis der Versuchungsgeschichte liegt im Gehorsam Jesu. Seine Sendung ist es, den Willen dessen zu tun, der ihn gesandt hat (vgl. Joh 4,33f). Jesus, der an der Realität “Fleisch” Anteil erhält, kennt sie von innen her. Denn “er ist in allem ebenso versucht worden wie wir, ausgenommen der Sünde” (Hebr 4,14; 2,18; 5,7). Das Wort “den Gehorsam zu lernen” (Flebr 5,8) bedeutet, daß der Geist ihn in die innere Erfahrung dessen eingeführt hat, was für das “Fleisch” Versuchung ist. Nur diese Erfahrung ermöglicht ihm die innere Erlösung des Menschen aus den Fesseln der Versuchung.41 Caro peccati In seiner Selbstauslegung im Fleisch exponiert sich der Logos aufs Äußerste. Man kann ihn im Glauben annehmen oder im Unglauben ablehnen. Der Nicht-Glaube ist der Wider-Spruch gegen ihn, der Sprache, Spruch ist. Dieses “wider”, “dia” ist als Wider-Spruch und Dialektik die Form der Lüge. Der diabolische Wider-Spruch ist in die Logik Gottes nicht assimilierbar. Jede Unwahrheit ist Lüge. Fleisch ist Inbegriff des Gottwidrigen. Das höchst Paradoxe besteht in der Aussage: Gott sandte seinen Sohn in der Gestalt (oder: Ähnlichkeit) des Fleisches der Sünde und der Sünde wegen (oder: als Sühnopfer) und verdammte die Sünde im Fleisch (Röm 8,3). An dieser Stelle taucht das Wort “Caro peccati” auf. Hier wird erst deutlich, was “negative Theologie” im christlichen Sinn eigentlich meint. Sie ist die Erfahrung, daß im Kreuz der Widerspruch der Sünde, ihre Lüge und Unlogik in die Logik der dreieinigen Liebe hineingenommen wird. Diese äußerste Finsternis kann nur als “Hölle” bezeichnet werden. Das endgültige Ausgeschlossenwerden aus dem Bereich von Sinn und Logik läßt sich höchstens in Bildern andeuten, wie etwa mit “Kloake” bei Origenes, und “Kehrrichtverbrennung” bei Adrienne von Speyr. Die Erfahrung des endgültigen Verworfenwerdens ist analogielos. Der Sohn erhält vom Vater keine Antwort auf sein “Warum?” Alles scheint 40 Ebd., 251 . 41 Vgl. TL II, 265-270.

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