Folia Theologica 7. (1996)

Stanislav Zvolenský: Der "dolus" nach dem kanonischen Eherecht

DER „DOLUS” NACH DEM KANONISCHEN EHERECHT 85 machinationem ad decipiendum, hat der Agierende eine Falle in Szene gesetzt, um das Opfer in ihr zu fangen8. Das Wort fraudulenter beinhaltet, daß der dolus mit unerlaubten, für den anderen schädigend wirkenden Mitteln begangen wird, etwa durch Vorlage gefälschter Unterlagen, Angabe nicht vorhandener Qualitäten, schuldhaftes Verschweigen maßgeblicher Begleitumstände, mit und durch Mittel also, die Vertrauen zerstören und menschliches Zusammen­leben erschweren oder sogar verunmöglichen9. Deliberate heißt: mit der Absicht, dem anderen bewußt Schaden zuzufügen, wird er zum Setzen eines bestimmten Rechtsaktes verführt. Der Zusammenhang zwischen den dolose angewandten Mitteln und dem erfolgten Rechtsgeschäft muß also gegeben sein10 11. An dieser Stelle ist der Hinweis angemessen, daß es sich bei dieser Definition um den dolus malus handelt, dessen Unterscheidung vom do­lus bonus notwendig und berechtigt ist, weil der letzte in den Quellen seine selbstständige Bedeutung aufweist. 1.1.1. Dolus bonus — dolus malus Die oben angeführten Überlegungen handeln vom dolus malus, da sich die Definiton von Labeo auf diesen bezieht. Das römische Recht kannte auch den dolus bonus, das heißt, es machte einen Unterschied zwischen dem dolus malus und dem dolus non talis. Ulpian überliefert also die Definiton von Servius und Labeo vom do­lus, weist in seinem eigenen Kommentar auf die Notwendigkeit der Un­terscheidung zwischen dolus „bonus” und „malus” hin". Der Begriff dolus malus stellt keinen Pleonasmus dar. Es handelt sich da um einen dolus, der mit dem Gesetz unvereinbar ist, gegen den das Gesetz vorgeht, bonus hingegen ist der vom Gesetz erlaubte dolus12. „Bonus - malus” ist also gleichzusetzen mit „erlaubt - verboten”, mit 8 Vgl. CARCATERRA A„ Dolus bonus/dolus malus, Napoli 1970, 56-57. 9 MICHIELS G., Principia generalia de personis in ecclesia, Parisiis-Tomaci-Ro- mae 1955,661. 10 Ebd.,660. 11 Ulpianus, D.4,3,1,3: „Labeonis definitio vera est: Non fuit autem contentus praetor dolum dicere sed adiecit malum, quoniam veteres do-lum etiam bonum dicebant et pro sollertia hoc nomen accipiebant, maxime si adversus hostem latronemve quis machinatur.” 12 Vgl. D. 19,2,22,3.

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