Folia Theologica 7. (1996)

Anton Strukelj: Von der Sitzenden zur knienden Theologia

VON DER SITZENDEN ZUR KNIENDEN THEOLOGIE 31 Kirche ist die Grundlage und Norm für die subjektive Heiligkeit51. Je nä­her ein Mensch den objektiven Heiligkeitsquellen der Kirche steht, um so mehr ist er verpflichtet, der objektiven Heiligkeit, der er dient, und die er hütet, sein Leben anzugleichen und bereitzustellen. Subjektive Heiligkeit ist identisch mit der Liebe, die “nicht das ihre sucht” (IKor 13,5). Die heiligen Ordensgründer als erlauchteste Kinder der Kirche sind nicht auf Grund ihrer natürlicher Genialität so gross, son­dern durch ihre Heiligkeit, und Heiligkeit im qualifizierten Sinn ist gleichbedeutend mit dem Empfang und Annahme übernatürlicher, christ­licher Sendung. “Eine Heiligkeit, die sich selber suchen, sich selber zum Ziel nehmen wollte, wäre ein Widerspruch in sich selbst”, sagt Baltha­sar.52 Heiligkeit ist darum mehr als Vorbild, sie ist unmittelbare Quelle der Fruchtbarkeit göttlichen Lebens in Kirche und Menschheit. Der Be­stimmung zur Liebe entstpricht die Berufung zur Heiligkeit53. Der vom Gott erhaltene Auftrag ist der Rahmen der subjektiven Heiligkeit: “In der Sendung, die jeder Einzelne erhält, liegt wesentlich die Form der ihm geschenkten und von ihm geforderten Heiligkeit begründet. Die Ausfüh­rung dieser Sendung ist für ihn identisch mit der ihm zugemessenen und erreichbaren Heiligkeit. So ist die Heiligkeit also etwas wesentlich Sozi­ales und darum der Willkür des Einzelnen Entzogenes”54. Im Verlauf der ganzen Kirchengeschichte eröffnet sich der Raum für personalsoziale Sendungen: für männliche wie weibliche, amtliche wie nichtamtliche, sichtbare wie vorwiegend unsichtbare. Ja, “hinter den Grossen, zur Schau Gestellten, stehen die unzähligen andern, die in der Schätzung Gottes nicht weniger weittragende Sendungen haben konnten — solche der Bus­se, des Gebets, der Caritas, des Leidens —, die unbekannt geblieben oder wieder vergessen worden sind”55. Welch grossen Platz räumt Hans Urs von Balthasar in seinen Werken den Heiligen ein! Für ihn sind “die Heiligen die lebendigste Tradition... Die Sendungen der Heiligen sind so sehr Antwort von oben auf die Fra­gen von unten, dass sie nicht selten zunächst als das Unverständliche 51 Vgl. Das Evangelium als Norm und Kritik aller Spiritualität in der Kirche, in SC, 247-263. 52 Schwestern, 16. 53 Vom Ordensstand, in Die grossen Ordensregeln, Johannes Verlag Einsiedeln 41994, S.7. 54 Ebd., 16. 55 Theodramatik 11,2, S. 257.

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