Folia Theologica 6. (1995)
Ádám Somorjai O.S.B.: Geburtenbeschränkung in Bauernfamilien
210 Á. SOMORJAI 2. These: Das abweichende Verhalten als Sozialnorm ist nicht akzeptabel In vielen säkularisierten Gesellschaften ist ein ähnlicher Prozeß entstanden wie in Ormánság, in Sárköz. Selbst in Ungarn, auf Landesebene erfährt man eine Entwicklung wie in diesen einst lokalen Regionen. Neuentstandenes menschliches Leben wird nicht mehr heilig, man spricht in Wohlstandgesellschaften über “ökonomische Schwierigkeiten” und Notlage, eine Abtreibung erfolgt unter ärztlicher Assistenz in großen Ausmaßen, auf Kosten der Krankenkassen, oder kontrazeptive Techniken und Mittel verhindern eine Empfängnis in gesellschaftlichen Ausmaßen. Staatsmänner und Institutionen alarmieren, da ein Bevölkerungsschwund unentbehrlich eingesetzt hat. Christliche Kirchen müssen ihren Standpunkt in einer Defensionslage verteidigen, und das ist keine leichte Aufgabe, die Leute tun anders, als die Bischöfe aussagen. In Hinsicht der sozialen Indikation und einer antikonzeptiven öffentlichen Meinungsbildung sollen dennoch christliche Kirchen, Gruppen, Pfarrgemeinden und Diözesen ihren Mut nicht verlieren, und selbst unpopuläre Lehrgehalte weiter verkünden, damit vom abweichenden Verhalten keine Sozialnorm allgemeingültig entwickelt wird; damit die christlichen Gruppen immer ihre Alternative verkünden und auch realisieren: Das ist eine prophetische Aufgabe, die übernommen werden muß, sonst sind die Kirchen dem biblischen Lebensauftrag nicht treu und verlieren ihre Glaubwürdigkeit. 3. These: Die soziale Indikation ist dem individualethischen Horizont verhaftet. Um sie zu beseitigen, soll man sozialethisch argumentieren Heutige Alternativen in der moraltheologischen Diskussion verhaften einem individualethischen Horizont. Kann ein sozialer Notstand die soziale Indikation rechtfertigen? Wenn eine Gesellschaft in eine Lage gerät, in der die mögliche Abwehrreaktion als einziger Ausweg nur die am ungarischen Muster kennengelernte “passive Strategie” zu sein scheint, lohnt sich ein kontrazeptives Verhalten, sogar eine Geburtenbeschränkung auf lange Sicht? Ist es sozialethisch gerechtfertigt? Die Antwort ergibt sich leicht: Nein.