Folia Theologica 6. (1995)

Bruno Primetshofer: Die Fähigkeit zum Ehekonsens nach Kanonischem Recht

20 B. PRIMETSHOFER keit (c. 1095, 1 und 2) abzuheben46. Unmöglichkeit zur Erfüllung des Zu­gesagten liegt nicht auf der Ebene des Sich-Verpflichtens, also des aktiven Rechtshandelns, sondern auf der Ebene des Verpflichtet-Seins, dem der passiven Rechtsfolge47. 2) Rechtstypologische Einordnung Der schon vor Inkrafttreten des CIC/1983 bestehende Streit der Mei­nungen, ob Erfüllungsunvermögen (Eheführungsunfähigkeit) den Kon­sensmängeln, den Ehehindernissen48, oder einer weiteren (bisher unbe­kannten) Kategorie von Nichtigkeitsgründen49 zuzuzählen sei, ist weder durch die Lehre noch durch die Rechtsprechung entschieden worden. Aus der Tatsache, daß der gesamte c. 1095 (somit also auch dessen dritter Abschnitt) im Kapitel über den Ehekonsens aufscheint, läßt sich keinesfalls zwingend ableiten, daß alle hier angeführten Nichtigkeits­gründe automatisch den Konsensmängeln zuzuzählen seien. Die Frage scheint auf den ersten Blick auch rein akademischer Natur zu sein. Denn sofern bei Vorliegen der in c. 1095, 3 genannten Voraussetzungen als Rechtsfolge Nichtigkeit der Ehe festgelegt ist, könnte man eine weitere Untersuchung, wieso Nichtigkeit eintritt, als überflüssig abtun50. In 46 PINTO GOMEZ, Incapacitas (Anm. 43) 36. — In Zusammenhang mit exzes­sivem sexuellem Verlangen, das u.a. den Tatbestand des c. 1095, 3 erfüllen kann, zitiert Pinto Gomez zustimmend aus V.M. PALMIERI, Medicina forense (1965), 87: „L'esistenza di uno stato ipersessuale non è di per se prova di una psicopatia". 47 K. LÜDICKE, Psychisch bedingte Eheunfdhigkeit. Begriffe — Abgrenzungen- Kriterien, Frankfurt/M.-Berlin-Las Vegas 1978,101. 48 Vgl. die Zusammenfassung der verschiedenen Ansichten bei WEBER, Er- füllungsunvermögen (Anm. 44), 168-183. 49 B. BRUNS,Erfüîlungsunvermôgen: Ehe- oder Konsenshindernis? in: ÖAKR 31 (1980), 6-25. — POMPEDDA, L'incapacitä (Anm. 35), 131-133 spricht in bezug auf alle drei in c. 1095 erwähnten Formen von incapacitas von einer „inadeguatezza radicale" des Kontrahenten entweder in bezug auf eines der Wesenselemente der Ehe oder hinsichtlich des Objekts des Konsenses. Diese „inadeguatezza" wird deutlich vom Begriff des Konsensmangels im üblichen Sinne wie auch von dem des Ehehindemisses abgehoben. 50 So bezeichnet Barrois die Frage als gleichgültig, ob Erfüllungsunvermögen ein Ehehindernis oder einen Konsensmangel darstelle; der geleistete Konsens führe in keinem Fall zu einer gültigen Ehe. H. BARROIS, Die Per­sonalität des Menschen in der Bewertung der neueren kirchlichen Ehegerichtsbar­keit, Freiburg/Br.-Basel-Wien 1978,121. Ähnlich M. B. AHERN, Psychologi­cal Incapacity for Marriage, in: StudCan 7 (1973) 244: „what is important is that it is nullifying".

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