Folia Theologica 4. (1993)

Winfried Aymans: Gemeinrechte und Gemeinpflichten aller Gläubigen

16 W. AYMANS innerkirchlichen Bereich muß zunächst unterschieden werden zwischen den Menschenrechten und den Christenrechten. Was die Menschenrechte anbelangt, so ist für die Kirche nicht weniger als für den Staat daran festzuhalten, daß es sich um jene Rechte handelt, die aus der Würde eines jeden Menschen erwachsen. Da der Mensch seine angeborene Würde weder der Kirche noch dem Staat verdankt, werden auch die daraus folgenden Rechte weder vom Staat noch von der Kirche verliehen; sie sind der Kirche ebenso wie dem Staat vorgegeben. Die bekannten Menschenrechtskafa/oge jedoch sind von ihrem geschicht­lichen Ursprung her aus einer Abwehrstellung des Individuums gegenüber dem Staat formuliert worden. Namentlich in ihrem Kernbestand, den Freiheitsrechten, zielen die Menschenrechte darauf ab, dem Menschen aufgrund der ihm von Natur aus eigenen Würde einen vorstaatlichen Freiheitsraum zu sichern. Die aus der natürlichen Würde erwachsenden Rechte des Menschen gege­nüber der Kirche können nur aus deren Wesen als geistlicher Gemein­schaft verstanden werden. Entsprechend ist das Verhältnis der Kirche zu den Menschenrechten durchaus eigengeprägt.38 Dieses Verhältnis kann auf dreifache Weise charakterisiert werden: 1. Die Kirche anerkennt die dem Staat gegenüber formulierten Menschenrechte nicht nur als legitim. Sie verteidigt diese auch aus einem eigenen Erkenntnisgrund. Die Würde des einzelnen Menschen wird nicht nur aus einem philosophisch wech­selnd interpretierbaren Phänomen der Natur abgeleitet; vielmehr wird der Mensch aufgrund der Offenbarung theologisch als Geschöpf Gottes er­kannt und als Gottes Ebenbild erklärt. 2. Für sich selbst und ihre eigene Rechtsordnung übernimmt die Kirche bestimmte Menschenrechtsprinzi­pien wie z.B. den Rechtsschutz der Person. Ihr geistlicher Charakter 38 Siehe auch Päpstlicher Rat IUSTITIA ET PAX, Die Kirche und die Menschenrechte. Historische und theologische Reflexionen: Arbeitshilfen Nr. 90 (3. Oktober 1991) hrsg. v. Sekretariat der Deutschen Bischoskonferenz. Das Heft enthält die deutsche Fassung von Dokumenten des Symposions, das der Päpstliche Rat »Iustitia et Pax« vom 14.-16. November 1988 in Rom veranstaltet hat: Ansprache Papst Johannes Pauls II. (7-11); ferner Referate: J. JOBLIN, Die Kirche und aie Menschenrechte. Historischer Abriß und Zukunftsperspektive (13-44); W. KASPER, Die theologische Begründung der Menschenrechte (45-65). Siehe auch M. KAISER, Die rechtliche Grundstellung der Christgläubigen, in: Handbuchdes katholischen Kirchenrechts, hrsg. v. J. Listl, H. Müller, H. Schmitz, Regensburg 1983,173-175.

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