Folia Theologica 3. (1992)

Béla Fila: Teilhard de Chardin und die christliche Eschatalogie

TEILHARD DE CHARDIN 103 3. Die teilhardsche Gesamtkonzeption Um meine These darzulegen, halte ich es für nötig, die Grundkonzeption von Teilhard de Chardin vorzutragen. In den Schriften von Teilhard kommt immer wieder eine Tatsache zu Vorschein, die ihn scheinbar ganz tief beunruhigte, nämlich das Desinteresse der Gläubigen am Fortschritt der Menscheit und die Irrelevanz des Glaubens für die Bemühung dieser Welt. Teilhard hat gesehen, daß die Betrachtungsweise der Menschheit in der Frage der Zukunft geteilt ist. Es gibt zwei voneinander sehr stark abweichende Ausrichtungen, die der Diener des Himmels und die der Diener der Erde. Das Dilemma, vor dem er sich befand, kann folgender Weise, in etwas knapper Form, ausgedrückt werden: Aus der Welt, sie verachtend auszuwandern oder in der Welt zu bleiben, um sie zu meistern o und zu vollenden. In dem neuzeitlichen Denken ist ein Gegensatz zwi­schen Materie und Geist, Leben und Tod enstanden, und die Einheit von Natur — Gnade bzw. Schöpfung — Erlösung ist zerfallen. Diese Gebro­chenheiten haben dazu geführt, daß ein radikal gestörtes Verhältnis einer­seits zwischen der Kirche und der modernen Welt, andererseits zwischen der Theologie und der Naturwissenschaften entstand. In seinen Schriften hat sich Teilhard de Chardin darum bemüht, die Hauptgegensätze zu versöhnen und die gebrochene Einheit durch eine harmonische Vereinung der voneinander abgetrennten Glieder der Verhältnisse wieder herzustel­len. Es ist ihm gelungen, die kosmische Schau mit dem Offenbarungsgla­uben zu verbinden. Er hat einen solchen Entwurf der Entwicklung von Kosmos und Menschheit ausgearbeitet, der Eschatologisch von Belang ist. Ich möchte hier nur ganz kurz darauf hinweisen, daß sich folgens seiner naturwissentschaftlichen Ansicht die Evolution im Kosmos in gewaltigen qualitativen Sprüngen vollzog: Die einzelnen Phasen dieser Entwicklung sind die Geogenesis — die Biogenesis — die Noogenesis und letztlich die Christogenesis.9 Er meinte, daß der weitere Gang der Evolution jetzt im letzten Stadium angekommen sei. Diese Bewegung geht nunmehr endgül­tig auf die Vollendung der Schöpfung Gottes zu. Die Kraft, die „von vorne” kommt, zieht und gibt der Evolution ihre Richtung, und ist „von 8 TEILHARD DE CHARDIN, L'avenir de l'homme, Paris, 1959. 9 TEILHARD DE CHARDIN, Le phénomène humain, Paris, 1955. - Le groupe zoologiqe humain. Structure et directions évolutives, Paris, 1956. - L'activation de l'energie, Paris, 1963.

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