Folia Theologica 3. (1992)

Béla Fila: Teilhard de Chardin und die christliche Eschatalogie

104 B. FILA innen” immer schon am Werk. Die kosmische Schau berührt in diesem Zustand fast den Punkt Omega, der die Krönung und Vollendung der gesamten Evolution ist. Im Hintergrund erscheint schon deutlich die Pa- rusie als beherrschendes theologisches Motiv. Demnach ist die ganze Geschichte nichts anderes, als ein riesiger Prozeß der Christifikation — das bedeutet mit anderen Worten, daß die Noogenese in Christogenese mündet. Damit ist das Dilemma des heutigen wissenschaftlichen und theologischen Denkens gelöst, indem sich das christliche Empor mit dem menschlichen Voran vereinigt. Diese Überlegungen von Teilhard de Chardin, die sich auf naturwissen­schaftliche Erkenntisse stützen, erinnern uns an gewisse biblische Chiff­ren, so etwa an die Wiederkunft Christi, den Jüngsten Tag, das Ende der Welt, die Auferstehung des Fleisches (IKor 15,28; Kol 1,15-18; usw.). Weiter kann man mit Recht sagen, daß diese Ausführungen im gewissen Sinne als theologische, besonders als eschatologische Entwürfe verstan­den werden können. Dies ist also der Grund, warum ich am Anfang meines Vortrages festgestellt habe, die teilhardsche Gedankenwelt sei eschatolo- gisch orientiert. Zumal ist die in seinen mystischen Schriften erscheinende Vision als eine Illustration zu einer christlichen Eschatologie zu bezeich­nen (Le milieu Divin, Hymne de l’Univers). 4. Die These der Abhandlung Nachdem ich diese vorausgehenden und begründenden Feststellungen angeführt habe, möchte ich nun meine Grundthese vorlegen. Ich behaupte das Folgende: Die auf die Evolution beruhende, sie transformierende und entfaltende Konzeption von Teilhard de Chardin, die die Evolution bis zur Vollendung durchdenkt, ist eine der wichtigsten Faktoren, die die innere Erneuerung der christlichen Eschatologie im 20-sten Jahrhundert ermög­lichten und dazu beitrugen, daß sie zur Grundbefindlichkeit der gesamten Theologie werden konnte. Die Gedankenwelt von Teilhard beeinflusste wesentlich die innertheologische Entwicklung, in der eine Vergangen­heit—Gegenwart—Zukunft umfassende Zeitbetrachtung zur beherrschen­den theologischen heilsgeschichtlichen Betrachtungsweise geworden ist.10 Als Beweis meiner These führe ich etwa das Zweite Vatikanische 10 Die Vollendung der Habgeschichte, in Mysterium Salutis, Einsiedeln, 1976. Bd. 5.

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