Folia Theologica 3. (1992)

Leo Scheffczyk: Zur Unsterblichkeitsproblematik bei Thomas von Aquin

ZUR UNSTERBLICHKEITSPROBLEMATIK 57 und um ihren Bezug zur Lehre von der „Unsterblichkeit”. Hier bietet sich heute dem Betrachter das interessante Bild, daß die katholische Theologie über Thomas und seine Anthropologie im ganzen durchaus positiv denkt, aber in bezug auf eine Konsequenz seiner Gesamtauffassung, nämlich die „Unsterblichkeit der Seele”, kritisch und ablehnend beurteilt. So verlangt das Thema zuerst die Aufnahme des Befundes von der 1. positiven Neuwertung des Themas nach der sog. „anthropologischen Wende”. Der Begriff der „anthropologischen Wende”,3 der vor allem in die katho­lische Theologie unter dem Einfluß der personologischen, der existentia- len und idealistischen Philosophie Eingang fand, wurde förmlich von dem Theologen J. B. Metz ausgearbeitet, dabei durch den Begriff der „Anthro- pozentrik” noch verschärft und sofort auch mit dem Anliegen des Thomas in Verbindung gebracht. „Anthropozentrik” ist dabei eine Denkeinstel­lung oder eine Denkform, in welcher das Erkennen und das Verstehen der Welt von der Seinsweise des Menschen her bestimmt wird, d. h. von der Einmaligkeit und Unvergleichlichkeit der menschlichen Subjektivität.4 Danach steht der Mensch dem Sein nicht einfach gegenüber, sondern er bringt in seinem Denken, in seiner Subjektivität, dieses Sein in Erscheinung. Diese neuzeitliche Denkform steht nach den Interpreten der alten kosmozentrischen Denkeinstellung griechischer Provenienz entgegen, in welcher das Sein der Dinge außerhalb der menschlichen Subjektivität gelegen ist, so daß in Kon­sequenz auch der Mensch selbst ein Seiendes unter Seienden, ein Ding unter Dingen wird und nicht mehr als der ausgezeichnete Erschließungsgrund der Wirklichkeit angesehen werden kann. Diese neue Denkeinstellung trete in der abendländischen Geschichte in ersten Ansätzen bei Thomas zutage, was u. a. damit begründet wird, daß Thomas das menschliche Denken als Hinwendung 3 P. EICHER, Die anthropologische Wende. Karl Rahners philosophischer Wegvom Wesen des Menschen zur personalen Existenz, Fribourg 1970; P. KIRK, Tod und Auferstehung innerhalb einer anthropologisch gewendeten Theologie, Bad Hon­nef 1986. 4 J. B. METZ, Christliche Anthropozentrik, über die Denkform des Thomas v. Acjuin, München 1962; vgl. auch: Fr. P. HORENZA - J. B. METZ, Der Maisch als Einheit von Leib und Seele: Mysterium Salutis (hrsg. von J. Feiner und M. Löhrer) II, Einsiedeln 1967,584-631.

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