Folia Theologica 2. (1991)

Leo Scheffczyk: Das Petrusamt: Dienst an der Einheit in der Wahrheit

DAS PETRUSAMT 13 Inhaber „das Gottesvolk in das Reich der Auferstehung führen” soll, ohne dem Zeugen den Beistand des Geistes zum Vollzug eines echten, wahren Zeugnisses zu verleihen. Damit „verfügt” der Zeuge nicht über die Wahr­heit, sondern er untersteht ihr und dient ihr. Die Bestreitung einer solchen „Unfehlbarkeit” erfolgt heute zuweilen aus einem tieferen Grunde, der an sich und direkt nichts mit dem Petrusamt zu tun hat, sondern aus dem Zweifel an der Wahrheit von Sätzen und von lehrhaften Aussagen überhaupt kommt. Man behauptet, daß Sätze über­haupt nicht im strengen Sinne wahr sein können, weil sie die Wirklichkeit nicht ausschöpfen. In Urteilen und Aussagen seien Wahrheit und Irrtum immer zugleich gegeben und vermischt. Weil das auch für die Lehraussa­gen der Kirche gelte, könne man auch für diese keine Irrtumsfreiheit annehmen. So komme es schließlich auf wahre oder falsche Aussagen gar nicht an. Die Kirche könne trotz aller Irrtümer im einzelnen (aber wohl auch trotz Falschheit aller Glaubensaussagen) in der „Wahrheit Jesu Christi” bleiben, d. h. in seiner Wirklichkeit, in seiner Liebe und Gnade. Eine solche Aufassung, die offensichtlich einem Relativismus und einem Skeptizismus in der Wahrheitsfrage gleichkommt, widerspricht zunächst dem Geist und Wort der Heiligen Schrift. Das Neue Testament weiß darum, daß die Aussagen und Bekenntnisse des Glaubens heilsnotwendig sind; „denn mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, mit dem Munde aber bekennt man das Heil” (Rom 10, 10). Der innere Herzensgehorsam, das Bleiben in der Wirklichkeit Gottes, ist notwendig auf das wahre Bekenntnis angewiesen. Oder kann man sich denken, daß nach dem Apostel Paulus das Bekenntnis „Christus ist von den Toten auferstanden” (1 Kor 15, 12), als Aussage auch falsch sein könne und deshalb für das „Bleiben in Christus” nicht wichtig sei? Eine solche Möglichkeit schnei­det Paulus bewußt ab, wenn er erklärt; „Wenn aber Christus nicht aufer­standen ist, so ist euer Glaube nichtig; dann seid ihr noch in euren Sünden” (1 Kor 15, 17). Das sagt: Wenn die Aussage „Christus ist auferstanden” falsch ist, gibt es keine Gnade und kein „Sein in Christus”. Das hat seinen tieferen Grund im Wesen des menschlichen Glaubens. Dieser ist eine vollmenschliche Antwort auf das Wort Gottes, das dem Menschen die Heilstaten Gottes in ihrem Sinn aufschließt. Genau diesen Sinn muß der Mensch in seiner Glaubensantwort Gott mit Dank und Lobpreis wiedergeben. Nur wenn er so verständig auf das Wort Gottes

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