Folia Theologica 2. (1991)
Leo Scheffczyk: Das Petrusamt: Dienst an der Einheit in der Wahrheit
DAS PETRUS AMT 11 der Gesamtkirche und des sie repräsentierenden Episkopats verankert wie das Apostolische Amt und die Einheitsfunktion. Was aber bezüglich des Amtes und der Ein-heitsfunktion gesagt wurde, gilt auch für die Bezeugung der Wahrheit: sie erfährt in der päpstlichen Lehrvollmacht die höchste Konzentration und universale Repräsentation, damit aber auch die in der Kirche höchstmögliche Verbindlichkeit. 4. Infallibilität Die letztverbindliche Zeugnisvollmacht des Petrusamtes ist heute wie früher deshalb besonderen Widerständen ausgesetzt, weil sie von der Kirche selbst mit dem Anspruch der „Unfehlbarkeit” verbunden wurde. Dieser Anspruch gewisser, unter besonderen Bedingungen ergehender päpstlicher Lehrurteile ist auf dem Ersten Vatikanischen Konzil feierlich definiert worden. Seine tatsächliche Vertretung reicht aber weit zurück, wofür etwa die Aussage des vierten Konzils von Konstantinopel (869) spricht: „Beim Apostolischen Stuhl wurde die katholische Religion stets unversehrt bewahrt und die heilige Lehre verkündet” (DS 369). Was hier unter der „Unversehrtheit” (immaculata) gemeint ist, das ist sachlich nichts anderes, als was mit dem Begriff „Unfehlbarkeit” (infallibilitas) gesagt sein soll. Nun ist zuzugeben, daß dieser Begriff mißdeutet werden kann und richtig interpretiert werden muß. Er besagt keineswegs, wie neuestens wieder unterstellt wird, eine gottähnliche Qualifizierung des Papstes, wodurch er ein Prädikat Gottes zugebilligt bekäme, der, weil er die Wahrheit selbst ist, „weder täuschen noch getäuscht werden kann” (DS 3008). Es handelt sich auch nicht um eine höhere Erkenntnisfähigkeit des Papstes, die ihm durchgängig eignete. Er wird zufolge dieses Charismas, das ihm nicht als Privatperson eignet, sondern ihm nur bei qualifizierten Akten zukommt, die er als Hirt und Lehrer der Gesamtkirche vornimmt, auch nicht in vollkommener Weise Inhaber der Offenbarungswahrheit. Er legt sie unter bestimmten Bedingungen nur so aus, daß der Gläubige die Gewißheit empfängt, hier werde der Glaube rein und irrtumsfrei bezeugt, und zwar auf Grund eines besonderen Beistands des Heiligen Geistes, der der Kirche als ganzer eignet. Hier wird eine weitere Verständnishilfe sichtbar, die diese angeblich einzigartige Ausstattung des päpstlichen Amtes wie alles, was dem Papst